Mittwoch, 2. Oktober 2013

Epic - Verborgenes Königreich (2013)




EPIC – VERBORGENES KÖNIGREICH
(Epic)
USA 2013
Dt. Erstaufführung: 16.05.2013
Regie: Chris Wedge

Epic ist wirklich ein hübsch-generischer Titel für einen Film, der ziemlich wenig episch ist. Ursprünglich hieß Chris Wedges (Ice Age) Film The Leafmen, aber das wurde aufgrund von angestrebter Geschlechterneutralität verworfen. Die good guys im Film heißen übrigens weiterhin Leafmen. Aber egal. Diese alberne Anekdote ist im Grunde bereits das Spannendste, was man über den Film sagen kann, denn Epic ist ein gnadenloses Durchschnittsprodukt. Es tut niemanden weh, fordert aber auch niemanden heraus und ist, entgegen vieler PIXAR- und DreamWorks-Produktionen, viel mehr ein reiner Kinderfilm als ein Werk, das von allen Altersstufen gleichermaßen goutiert werden kann.

Mary Katherine, abgekürzt MK, begibt sich nach dem Tod ihrer Mutter zu ihrem verschrobenen Vater, dessen Obsession mit einer angeblich im Wald lebenden Zivilisation von winzigen menschenähnlichen Wesen einst die Ehe und seine Karriere zerstörte. Angekommen in seinem Haus am Waldesrand muss MK erfahren, dass er immer noch von der Richtigkeit seiner Theorie überzeugt ist. Wie es der Zufall will, soll MK bald den ultimativen Beweis antreten, wird sie doch auf Insektengröße geschrumpft und findet sich im Reich der Leafmen wieder, die in einem ewigen Kampf mit den Boggans befinden. Während die Leafmen und vor allem ihre Königin für das Wachstum und das Wohlergehen des Waldes sorgen sind die Boggans für den Zerfall und die Fäulnis zuständig. Nun droht dieses Gleichgewicht zugunsten der Boggans zu kippen und MK wird in den Konflikt hineingezogen, der das Schicksal des Waldes besiegeln könnte…

Epic ist der feuchte Traum eines jeden Anhängers der Gaia-Theorie. Alles ist belebt in dieser Welt, Pflanzen, Früchte, Entengrütze. Und das Gegensatzpaar Leafmen/Boggans ist natürlich ein unschwer zu dechiffrierendes Konstrukt für die Zyklen von Leben und Tod in der Natur. Ob Kinder, die eindeutig das Hauptpublikum sind, diese Abstraktionsleistung vollbringen und die Helden bzw. Schurken als personalisierte Naturphänomene erkennen, sei dahingestellt. Auf jeden Fall nimmt es der Film letztlich mit eben jenem Konstrukt nicht allzu ernst, denn am Ende sind die Boggans vertrieben, der Anführer geschlagen und kein Wort wird darüber verloren, dass die Natur diese Gegensätze benötigt. Es ist nicht wie in FernGully – Christa und Zaks Abenteuer im Regenwald, in dem eine von außen ins System getragene Bedrohung unschädlich gemacht werden muss, der Konflikt in Epic ist das System. Das Konzept, dass durchaus einen pädagogischen Anspruch hätte haben können, wird zugunsten durchschnittlicher Action und einer auf sicher gehenden Dramaturgie verwässert. So weit, dass man die unvermeidbar erscheinende Liebesgeschichte nicht ins Leere laufen lassen konnte, sondern, gerade als der Film einen unkonventionellen Schritt unternommen hatte, eine ziemlich fragwürdige Endsequenz nachschieben musste. Wie ein Mensch und ein Leafman eine Beziehung führen sollen, bleibt schleierhaft.

Abgesehen von der vorhersehbaren Geschichte und den vielen verschenkten Möglichkeiten bei gleichzeitig verhältnismäßiger Einfallslosigkeit (der Wald wird nie zu jenem magischen Ort, der den Machern offenbar vorschwebte) hat der Film die hübsche Animation und vor allem die sprechenden Schnecken Mub und Grub auf seiner Seite. Diese beiden in der deutschen Fassung mit hörbarer Spielfreude von Oliver Welke (TVs Die heute-show) und Oliver Kalkofe (TVs Kalkofes Mattscheibe) gesprochenen Figuren sind einerseits tatsächlich witzige Sidekicks, deren Aktionen unvorhersehbar bleiben, andererseits stören sie den Fluss der Erzählung nicht. Ansonsten ist es natürlich immer schön, Christoph Waltz‘ ausdrucksstarke Stimme zu hören, die er dem Oberschurken Mandrake sowohl im US-Original als auch in der deutschen Synchronisation leiht.

Epic – Verborgenes Königreich exerziert sein Schwarz/Weiß-Schema konsequent durch, es gibt keinerlei Zwischentöne, die mythologischen Dimensionen der Prämisse bleiben unangetastet. Das alles hat einen müßigen Unterhaltungswert, aber von den reichhaltigen Filmen der Konkurrenz ist Chris Wedge weit entfernt. Immerhin, Epic ist besser als Rio, einem Blue Sky-Totalausfall, aber was heißt das schon? Es gibt zum einen bessere Kinderfilme als diesen hier, zum anderen auch bessere Familienfilme. Dass sich Epic vor allem auf ein jüngeres Publikum bezieht, ist nicht verwerflich. Dass er sich dabei so sehr auf den kleinsten gemeinsamen Nenner stützt, schon eher.



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