SIDE EFFECTS –
TÖDLICHE NEBENWIRKUNGEN
(Side Effects)
USA 2013
Dt. Erstaufführung: 25.04.2013
Regie: Steven Soderbergh
USA 2013
Dt. Erstaufführung: 25.04.2013
Regie: Steven Soderbergh
HINWEIS!
Die folgende Besprechung enthält Spoiler, die dem Vergnügen eines erstmaligen
Ansehens sehr schaden könnten. Wer sich die Überraschungen also nicht
zerstörten möchte, der möge erst den Film ansehen und dann zum Lesen
zurückkehren.
Darüber, dass dies nach Eigenaussage der vorerst (für
immer?) letzte Kinofilm des Regie-Chamäleons Steven Soderbergh (Ocean’s Eleven, Traffic – Die Macht des Kartells, Solaris) sein soll, werde ich nicht viele Worte verlieren. Zum
einen, weil es ohnehin nur auf die genügsame Feststellung „Da wäre aber mehr
drin gewesen“ hinauslaufen würde, zum anderen, weil zunächst die Zeit zeigen
soll, ob an dieser Information etwas dran ist. Soderbergh ist ein geradezu
besessener Filmschaffender und wer lässt schon gern von seiner Lieblingsdroge
ab? Vielleicht wird er merklich kürzer treten, aber völlig von der Leinwand
verschwinden? Warten wir es ab. Darum sollte man Side Effects – Tödliche Nebenwirkungen vielleicht erst einmal als
letzte Arbeit vor einem längeren Urlaub ansehen, der scheinbar auch nötig ist.
Martin Taylor (Channing Tatum) saß wegen Insiderhandels im
Gefängnis. Als er freikommt, führt dies bei seiner Frau Emily (Rooney Mara)
nicht zu Begeisterungsstürmen, sondern zu einem Selbstmordversuch. Ihr
mitfühlender Arzt, Dr. Jonathan Banks (Jude Law) verschreibt ihr nach
Rücksprache mit Emilys vorheriger Ärztin, Dr. Victoria Siebert (Catherine
Zeta-Jones), ein neues, noch nicht in seiner Gänze erforschtes Medikament gegen
Depressionen. Dies hat allerdings den Nebeneffekt, dass Emily in einer Art
Schlafwandler-Zustand ihren Mann ermordet. So gerät Dr. Banks in die
Schusslinie: Hätte die Tat verhindert werden können, ist er als behandelnder
Arzt und Verantwortlicher bei der Medikamentenvergabe gar mitschuldig? Banks
will die Vorwürfe nicht auf sich sitzen lassen und stößt bei Recherchen, die
ihn und Emily aus der misslichen Lage helfen sollen, auf ein Komplott…
Über weite Teile ist Side
Effects ein ansehnlicher Film, wundervoll fotografiert und ausgeleuchtet,
spannend und als Thriller im besten Sinne altmodisch. Die Probleme fangen im
letzten Drittel an, sich allerdings so massiv zu häufen, dass sie den zuvor
erworbenen, positiven Gesamteindruck nachhaltig torpedieren. Kann man über die
Wandlung des Films von Drama zu Thriller noch hinwegsehen, zumal ihm diese
Transition ziemlich elegant gelingt, so ist die Auflösung mehr ausfällig als
clever, denn am Ende läuft alles auf eins hinaus: die Killer-Lesben waren die
Täter. So weit, so dümmlich. Denn auch wenn es einer Gleichberechtigung von
allen Formen der menschlichen Sexualität nicht gerecht werden würde, wären
Homosexuelle im Film immer und ausschließlich nur die Guten, so reduziert
Soderbergh zusammen mit seinem Drehbuchautor Scott Z. Burns (Contagion) die sexuelle Orientierung der
beiden weiblichen Protagonisten auf ein stumpfes Aha!-Erlebnis. Kurz:
Homosexualität wird lediglich als „Schockeffekt“ verstanden und genutzt. Dies
kann man wohlwollend noch als Kommentar zur Heteronormative ansehen, die
gleichgeschlechtliche Anziehung also von vornherein nicht in Erwägung zieht,
aber der Gesamteindruck geht doch eher in die Richtung: Die Lesben waren’s. So,
jetzt haben wir euch aber kalt erwischt. Ha Ha. Das ist weder progressiv noch
so intelligent konstruiert wie in Alfred Hitchcocks Psycho, der ebenfalls mit sexueller Identität arbeitete, sie aber
nicht so ausschlachtetet wie Soderbergh. Umso erstaunlicher, dass Side Effects an diversen Stellen mit dem
Altmeister der Spannung verglichen wird.
So bricht Side Effects
am Ende unter dem eigenen Anspruch auf noch mehr Twists zusammen, hält sich
aber zuvor wacker. Die Dramaturgie hält den Zuschauer bei der Stange, die
unaufgeregte Inszenierung und vor allem das ansehnliche Spiel von Rooney Mara
(zuvor im überflüssigen Remake von Verblendung
zu sehen) und Jude Law machen den Film interessant (die anderen Schauspieler
sind weniger effektiv, vor allem der mit versteinertem Gesicht agierende
Channing Tatum). Handwerklich ist ohnehin nichts auszusetzten, die
atmosphärischen Bilder tragen ihren Teil dazu bei, dass Side Effects ansehnlich bleibt. Letztlich ist es darum umso
ärgerlicher, dass der Film am Ende so stark abbaut und den Thrillerplot
ziemlich generisch zu Ende bringt. Verbunden mit dem blöd-ausfälligen
Exploitationelement steht Side Effects
so nach etwas über 100 Minuten viel schlechter da, als man über weite Teile des
Films gedacht oder auch nur für möglich gehalten hatte. Als Beschäftigung mit
einer zunehmend von Psychopharmaka überschwemmten Gesellschaft und ihren
Nebenwirkungen ist Side Effects ein
Erfolg und er hätte sich wahrscheinlich mehr auf dieses Element konzentrieren
sollen. Denn als Thriller ist das Ganze weit weniger solide aufgestellt.
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