Donnerstag, 5. September 2013

Katzenmenschen (1982)




KATZENMENSCHEN
(Cat People)
USA 1982
Dt. Erstaufführung: 26.08.1982
Regie: Paul Schrader

cinema, damals noch Europas größte Filmzeitschrift untertitelt, brachte es mit einem Cover mit der lasziv dreinschauenden Natassja Kinski auf den Punkt: das Remake von Katzenmenschen ist ein Film der Pseudo-erotischen Schauwerte, nicht mehr. Und mit Pseudo-Erotik ist gemeint, dass es doch recht unattraktive Umstände sind, in denen der Film weibliche Nacktheit zeigt. Eine Prostituierte schleppt sich mit aufgerissenem Bein die Treppe hinunter, unten platzt ihr der BH auf. Auf eine Sexszene folgt einmal eine blutige Jagd auf ein Kaninchen, einmal eine unheimliche Verwandlungssequenz, einmal ein Blutbad in einem Hotelzimmer. Und eine der Hauptfiguren drängt ständig auf ein inzestuöses Verhältnis. Es wäre interessant, mal jemanden zu treffen, der sich von Katzenmenschen angemacht fühlt. Andererseits, vielleicht doch lieber nicht.

Irena (Natasssja Kinski) wurde als Kind von ihrem Bruder Paul (Malcolm McDowell) und ihren Eltern getrennt und wuchs in verschiedenen Pflegeheimen auf. Mit Anfang 20 holt sie ihr Bruder zu sich nach New Orleans, wo die schüchterne Frau nicht nur eine Anstellung im örtlichen Zoo findet, sondern sich auch in den Direktor Oliver (John Heard) verliebt. Doch Irenas Familie trägt ein düsteres Geheimnis mit sich: sie sind die Nachfahren einer Liaison zwischen Schwarzen Panthern und Urmenschen und verwandeln sich nach dem Sex mit einem normalen Menschen in eine reißende Großkatze, die töten muss, um wieder menschliche Form anzunehmen. Nur innerhalb ihrer eigenen Familie können sie „gefahrlos“ Sexualität leben. Doch Irene will weder mit ihrem unheimlichen Bruder schlafen noch Oliver in Gefahr bringen…

Der originale Katzenmenschen, entstanden 40 Jahre vor diesem sehr losen Remake, war ein spannender Film Noir mit starkem Mysteryelement und einigen definierenden Szenen. Zudem ließ der Film die wahre Natur der Katzenmenschen über weite Teile im Dunkeln – war ihre Verwandlungsfähigkeit Fakt oder nur psychopathischer Ausdruck von unterdrückter Sexualität? Das vergleichsweise plumpe Remake von Paul Schrader (Ein Mann für gewisse Stunden) hält sich mit solchen Subtilitäten gar nicht erst auf. Hier sind die Katzenmenschen unumkehrlicher Fakt und sind eher mit Werwölfen verwandt als Ausdruck des sexuellen Zeitgeistes. Dies führt letztlich dazu, dass der Film für sich genommen ein leidlich interessanter Horrorfilm wird, im Vergleich mit dem Original aber auf so gut wie jeder Ebene den Kürzeren zieht.

Die Entstehungsgeschichte der Katzenmenschen, die der Film ziemlich deutlich erzählt, ist albern, im Fantasyrahmen aber vollkommen okay. Die Inszenierung, in der Leoparden und Menschen in einer ganz offensichtlichen Kuntswelt á la Die Zeit der Wölfe zusammentreffen, kann eine unheimliche Atmosphäre generieren, das Artifizielle des Sets wird dazu perfekt genutzt. Auch die Verwandlung Irenas in einen Panther ist ein deftiger, gelungener Effekt, ebenso die Autopsie eines Katzenmenschen in seiner Tierform, die einen hübschen Schockeffekt beinhaltet. Darüber hinaus ist der Film aber zu sehr den Statuten des damals gültigen Creature-Features untergeordnet. Wirkliche Spannung kommt nicht auf, weil Schrader nichts der Vorstellungskraft des Zuschauers überlässt, sondern sich ständig zur Erklärung genötigt sieht. Und seine Re-Kreation der berühmten Schwimmbadszene des Originals scheitert schon daran, dass das Remake in Farbe gedreht wurde. So bleibt nichts von den hervorragenden Bildern übrig, geschweige denn von dem ebenso brillanten Timing. Schraders Version dieser Sequenz wirkt wie ein dilettantischer Versuch eines Regiefachabsolventen.

Aus der kodifizierten Sexualität des 1942er Films wird hier platter Sex. Katzenmenschen demonstriert ein anything goes, das der Geschichte nicht gut zu Gesicht steht. Der Inzest-Subplot ist überflüssig und da Malcolm McDowells Paul nicht allzu lange in der Geschichte verweilt, kann man dem Film schnell eine gewisse Furcht vor weiblicher Sexualität unterstellen, die gebändigt werden muss. Das Wörtchen „gewisse“ kann man zum Schluss dann auch ganz streichen, wenn Irenas Sexualität durch ans Bett fesseln wirklich im Zaum gehalten werden muss. Während das Original die Gefahren eher in der Unterdrückung des sexuellen Triebes sah, wird Sex hier per se zur potentiellen Bedrohung. Man kann dies als Reaktion auf die kurz vor dem Filmstart als eigenständige Krankheit anerkannte Erkrankung AIDS sehen, aber womöglich ist das zu viel Lob für einen Film, der sich in erster Linie für Kinskis nackten Körper interessiert.

So ist Katzenmenschen denn am Ende des Tages ein Remake, dass das Original noch besser aussehen lässt als es das ohnehin schon tut. Als Film für sich ist es ein kruder, gescheiterter Versuch, der Geschichte neues Leben einzuhauchen. Immerhin, aus diesem Film stammt der Song Putting Out Fire (Theme from Cat People) von David Bowie, den Quentin Tarantino in Inglourious Basterds so herrlich anachronistisch einsetzen konnte. Wenigstens dafür war Paul Schraders Katzenmenschen gut.




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