Montag, 23. September 2013

Die fantastische Welt von Oz (2013)




DIE FANTASTISCHE WELT VON OZ
(Oz the Great and Powerful)
USA 2013
Dt. Erstaufführung: 07.03.2013
Regie: Sam Raimi

In einer filmischen Landschaft, in der die kreativen Neu- und Eigenschöpfungen immer mehr zur aussterbenden Spezies zu gehören scheinen, ist Die fantastische Welt von Oz nur ein weiteres Beispiel für diesen ungesunden Trend. Als Prequel zum Klassiker Der Zauberer von Oz ist er ebenso ungewollt wie sinnlos, kann er der Fantasiewelt des Landes jenseits von Kansas doch erschreckend wenig hinzufügen und vergeudet die Zeit der Zuschauer zwei Stunden mit einem teilweise kaum auszuhaltenden CGI-Overkill.

Oscar, genannt Oz (James Franco) ist ein windiger Zauberer mit zweifelhafter Moral, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf US-Jahrmärkten mehr schlecht als recht sein Geld verdient. Nach einer missglückten Vorstellung, in der ein Mädchen im Rollstuhl (Joey King) ihn bittet, sie per Magie wieder laufen zu lassen, gerät Oz bei der Flucht vor einem aufgebrachten Artistenkollegen per Heißluftballon in einen Wirbelsturm, der ihn in ein sagenhaftes Land bringt, dass seinen Namen trägt. Dort sieht man ihn als Erfüllung einer Prophezeiung, dass einst ein Zauberer vom Himmel steigen wird und den Machtkampf zwischen zwei Hexen beendet. Mit der Aussicht auf Reichtum willigt der Taschenspieler ein, ohne zu wissen, dass er sich auf einen innenpolitischen Konflikt einlässt, der ebenso windig ist wie seine Tricks…

Die fantastische Welt von Oz ist ein ebenso missglückter Versuch wie Tim Burtons Alice im Wunderland, eine altbekannte Vorlage eines Lands jenseits des Regenbogens auf die Leinwand zu bringen. Ähnlich wie Burton verheddert sich Regisseur Sam Raimi (Spider-Man) in den Verlockungen der technisch Machbaren, ohne am Ende diese wirklich klug zu nutzen. Sein Oz ist eine größere Kunstwelt als in allen vorangegangenen Verfilmungen, ein schmerzlich-offensichtliches Computerprodukt, dem jeglicher Charme abhanden gekommen ist. Die für jeden ziemlich sichtbar vor einer Greenscreen agierenden Schauspieler sind verloren in einer gleichzeitig opulenten und tristen Wüste aus kitschigen Farben und einer bemerkenswerten Ideenlosigkeit. Oz ist ein Land, in dem alles möglich zu sein scheint. Indem Raimi es fast komplett im Rechner erschafft, nimmt er ihm die Körperlichkeit, die Erfahrbarkeit und löscht so jeden Bezug zur Realität aus. Die 1939er Filmversion, auf die sich Raimi bezieht, wurde zwar größtenteils auch auf einer unschwer zu enttarnenden Bühne gedreht, mit einer Umwelt aus Holz, Kunststoff und Pappmaché, aber eben dies machte den Charme aus: die Figuren bewegten sich theatergleich in einer Umwelt, die zwar künstlich, aber haptisch war. Manchmal funktionieren diese vollkommen am Rechner erzeugten Welten (die Star Wars-Prequels oder die King Kong-Neuverfilmung wären da beispielhaft), bei Die fantastische Welt von Oz sind sie sehr viel mehr irritierend als bezaubernd.

Dementsprechend farblos geistern die Darsteller durch die Szenerie. James Franco als Oz ist derartig nichtssagend, dass seine Wandlung vom Saulus zum Paulus kaum jemanden interessieren dürfte und Zach Braff schafft es, sogar als computeranimierter fliegender Affe in Bedeutungs- und Ausdruckslosigkeit zu versinken. Von den Darstellerinnen kann immerhin Mila Kunis (Black Swan) in der zweiten Filmhälfte überzeugen, da sie augenscheinlich sehr viel Spaß damit hat, eine popkulturelle Ikone zu spielen. Ansonsten hat Joey King, die in Oz in der Form eines Porzellanmädchens auftritt, ein paar Gags auf ihrer Seite. Darüber hinaus empfiehlt sich der Film nicht gerade für eine Filmpreisnominierung in den Darstellerkategorien.

Die fantastische Welt von Oz versagt als eskapistischer Spaß, weil er zwar eine fantastische Welt proklamiert, sie sich aber als seelenlose Bits-und-Bytes-Oberfläche entpuppt. Man wird hier nicht verzaubert, weder von den Bildern und auch nicht von den Figuren oder Geschehnissen. Viel eher zerstört der Film die Magie der anderen Oz-Inkarnationen als dass er ihnen etwas Neues hinzufügt. Weder ist der Film so entwaffnend-herzlich wie Der Zauberer von Oz von 1939, noch so spannend und involvierend wie die interessante, düstere, aber relativ unbekannte Fortsetzung Oz – Eine fantastische Welt von 1985. Letztlich muss man ohnehin fragen, ob es nötig war, dem Zauberer von Oz und Theodora der Hexe eine Pseudo-romantische Vergangenheit anzudichten. Dieser Film schafft es tatsächlich, dass man der gelben Ziegelsteinstraße nicht folgen möchte. Und das ist ebenso ärgerlich wie todtraurig.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen