Montag, 7. April 2014

Begegnung aus dem Nichts (1975)




BEGEGNUNG AUS DEM NICHTS
(The UFO Incident)
USA 1975
Dt. Erstaufführung: September 1989 (Video-Premiere)
Regie: Richard A. Colla

Das Ehepaar Betty (Estelle Parsons) und Barney Hill (James Earl Jones) ist 1961 auf einer einsamen Landstraße in New Hampshire unterwegs, als ihre Fahrt jäh unterbrochen wird. Was ihnen zugestoßen ist, können sie nicht sagen, sie finden sich Stunden später in ihrem Auto wieder, mit einer Zeitlücke im Gedächtnis und einem unguten Gefühl im Bauch. Geplagt von Alpträumen und nicht erklärbaren körperlichen Reaktionen wie Ausschlag begeben sie sich schließlich in die Obhut von Dr. Benjamin Davison (Barnard Hughes), der sie in Hypnose versetzt. So kommen die verschütteten Erinnerungen wieder ans Licht und offenbaren unglaubliches: die Hills wurden augenscheinlich Opfer einer Entführung durch Außerirdische.

Der Fall des Ehepaars Hill ist so etwas wie die Genesis-Geschichte der UFOlogie, jener oftmals von Semi-Profis betriebenen Suche nach Beweisen für außerirdische Aktivitäten auf der Erde, seien es nun Landungen von Raumschiffen oder eben Entführungen von unbedarften Menschen durch nicht-menschliche Intelligenzen. Es war die erste Begegnung der dritten bzw. vierten Art, die eine weitreichende Medienaufmerksamkeit generieren konnte, an der die Hills nicht schlecht verdienten. Die Eckdaten ihrer Geschichte, sprich die Physiognomie der Besucher, das Phänomen der fehlenden Zeit und die medizinisch motivierte Neugier der Aliens, sind inzwischen hinreichend bekannt, wer fünf zufällig ausgewählte Entführungsberichte gelesen hat, kann selbst eine Story entwickeln, die sich nahtlos in den Mythos einfügen würde. Skepsis kam ebenso schnell auf wie Gegenargumente, hauptsächlich die Sternenkarte betreffend, die Betty Hill aus der Erinnerung zeichnete und angeblich Fixpunkte enthalten soll, die in den frühen 1960er Jahren der Astronomie noch nicht bekannt waren.

Es ist dem fürs US-Fernsehen produzierten und 14 Jahre später in Deutschland auf Video veröffentlichten Film nun durchaus anzurechnen, dass er zumindest versucht, die beiden Standpunkte in Einklang zu bringen. Sowohl der Gläubige als auch der Skeptiker soll hier etwas für sich finden, vor allem aber derjenige, der sich nach 90 Minuten unheimlicher Unterhaltung sehnt. Denn der Film kann sowohl auf die Möglichkeit verweisen, die Hills seien Opfer einer komplexen Sinnestäuschung durch unbearbeitete Konflikte (der Film ist ziemlich offen im Hinblick auf die Schwierigkeiten, denen eine multiethnische Ehe in den USA der 1960er Jahre ins Augen sehen musste), als auch auf den unterstellten Wahrheitsgehalt der Sternenkarte hinweisen, in erster Linie ist Begegnung aus dem Nichts ein durchaus spannender Zeitvertreib, in dem die beiden Hauptdarsteller mehr in ihr Spiel legen, als man wohl erwarten durfte.

So ist der sonore James Earl Jones bemerkenswert intensiv in seinem Wechsel vom Macher-Typus, der die Fäden stets in der Hand hält, zum verschreckten, um Himmel aufsehenden Häuflein Elend, während Estelle Parsons glaubwürdig an der Willfährigkeit der Entführer verzweifelt. Begegnung aus dem Nichts ist arm an großen Handlungen, dafür reich an ausgezeichnet vorgetragenen Dialogen. Es zeugt vom Talent Jones‘ und Parsons, dass sie im Sessel sitzen und über ein wahrscheinlich fiktives Ereignis berichten zum Ereignis machen, dass durchaus für Gänsehaut sorgen kann. Denn wie bei allen Filmen dieser Art sollte man sich den Gruselfaktor nicht durch zu viel Skepsis verbauen lassen.

Der Film baut nicht nur immer dann ab, wenn Parsons und Jones wenig bis gar nichts zu tun haben, sondern kurioserweise auch dann, wenn die Außerirdischen in Aktion treten. So ist die Erinnerung, in der Betty in ihrem Kopf aus den Aliens Männer macht, die mit ihrem Auto liegengeblieben sind und die urplötzlich und nur in kurzen Frameschnipseln wieder zu Aliens werden, viel effektiver als all die Bebilderung an Bord des Raumschiffes. Zumal hier das beschränkte Budget sichtbar wird. Das herabsteigende Raumschiff wird gar nicht gezeigt, was als Suggestionsschub noch durchgeht, aber die steifen Masken und das ziemlich spartanische und so hübsch nach Kunststoff aussehende Innere des Raumschiffs zerstört ein bisschen die Illusion, es könnte sich tatsächlich um eine „wahre Geschichte“ handeln. Man hätte den Hauptdarstellern vertrauen können, einer visuellen Interpretation ihrer Worte hätte es nicht bedurft. Dies sollte viele Jahre später der ausschließlich suggestive Die vierte Art besser lösen.

Am Ende ist Begegnung aus dem Nichts ein obskures Werk, dass Skeptiker nicht konvertieren wird, aber auch ihnen 1 ½ Stunden wohlig-unheimliche Unterhaltung bietet, die immer dann kippt, wenn der Film Angst bekommt, Zuschauer durch zu viele Andeutungen und zu wenig konkretes zu verlieren. Dabei sind seine Hauptdarsteller dafür viel zu stark. Dennoch muss man wohl ein ganz harter UFOloge sein, um für ein deutschsprachiges, antiquarisches Video des Films verhältnismäßig astronomische Summen auszugeben. Denn so sehr man auch in den 1990er-Jahren auf einer Alien- und Mysterywelle reiten konnte – Begegnung aus dem Nichts wurde nicht für eine erneute Auflage vorgeschlagen. Dafür war er dann wohl doch zu dialoglastig.



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