DIE VIERTE ART
(The Fourth Kind)
USA/Großbritannien 2009
Dt. Erstaufführung: 15.04.2010 (DVD-Premiere)
Regie: Olatunde Osunsanmi
Entführungen durch Außerirdische. Egal, wie man zu diesem
Konzept steht, ob man es wissenschaftlich-nüchtern als moderne Variante des
Glaubens an Kobolde und Feen interpretiert und seinen Ursprung in den Tiefen
der menschlichen Psyche sucht oder ob man wirklich daran glaubt, dass Millionen
von Menschen des Nachts von einer außerirdischen Intelligenz aus ihren Betten
gezerrt werden, eins muss man zugeben: Es ist eine verdammt potente
Horrorgeschichte. Das hat auch Regisseur Olatunde Osunsanmi erkennt und macht
aus der Prämisse einen teils erstaunlich effektiven Mysterythriller, dessen
Verliebtheit in sein eigenes gestalterisches Konzept allerdings etwas weit
geht.
Nome in Alaska: Die Psychiaterin Dr. Abigail Tyler (Milla Jovovich)
übernimmt nach dem gewaltsamen Tod ihres Mannes dessen Patienten und erkennt
diverse Übereinstimmungen: Sie werden gegen drei Uhr in der Nacht wach und eine
Eule starrt sie an. Unter Hypnose wird aus der Eule etwas ganz anderes, etwas
derartig bedrohliches, dass manche der Patienten nicht mit dem Druck umgehen
können. Langsam aber sicher kommt Dr. Tyler zu dem Schluss, dass eine nicht-menschliche
Intelligenz die Bürger von Nome des Nachts entführt und unaussprechliche Dinge
mit ihnen anstellt.
Die vierte Art
beruht auf reellen Ereignissen – zumindest möchte der Film dies dem Zuschauer
mit allen Mitteln verkaufen. Es gibt angeblich echte Aufnahmen von
psychiatrischen Sitzungen, Polizeiüberwachungen und Interviews, die von
Jovovich und Co. „nachgestellt“ werden. Gezeigt wird dies meistens durch Split
Screens, mitunter sechs an der Zahl. Zu Beginn stellt sich Jovovich vor und
beteuert die Realität des gezeigten „echten“ Filmmaterials und am Ende wird man
dazu aufgefordert, sich sein eigenes Urteil zu bilden. Dies dürfte deshalb
schwierig werden, mal ganz abgesehen vom Fake-Charakter des ganzen
Unterfangens, weil der Film die Interpretation dem Publikum diktiert. Das es
Abigail und die Anderen mit Aliens zu tun haben, daran lässt Osunsanmi kaum
Zweifel, ebenso wenig wie man nach Paranormal
Activity Zweifel an der Existenz des Dämons haben konnte. An sich nicht
verwerflich, aber der semi-dokumentarische Stil wird auf Dauer doch sehr
penetrant und bremst Elemente wie eine involvierende Figurenentwicklung aus. Die vierte Art interessiert sich viel
mehr für die Verpackung als für den Inhalt.
Dabei ist die Verpackung vom forcierten Realitätsanspruch
abgesehen durchaus ansprechend. In den „Spielszenen“ weiß der Film den sonst
oft störenden Monochrom-Filter á la Underworld
gekonnt einzusetzen, Nome erscheint wirklich wie ein abgelegenes, einsames Dorf,
das für unheimliche Vorkommnisse wie geschaffen ist, egal wie sehr sich das
Film-Nome auch von seinem reellen Gegenstück unterscheiden mag. Außerdem macht
der Film einen gelungenen Draußen/Drinne-Gegensatz auf. Während die Außenwelt
kalt und düster wirkt, sind innerhäusliche Szenen warm gezeichnet, was das
einfallende Grauen durchaus stimmig in Szene setzt. So kommt man auch schnell
zum größten Pluspunkt des Films: die Weise, wie er die Aliens inszeniert. Man
bekommt sie nie zu Gesicht, nicht einmal. Außer einigen Schatten, die mehr als
Platzhalter dienen, bleiben die Wesen unsichtbar, nur ihre Stimmen sind auf
Band zu vernehmen. Die vierte Art
hätte es sich sehr leicht machen und aus den Außerirdischen eine physische
Präsenz machen können. Wahrscheinlich wären wir dann unweigerlich bei einem
Neuaufguss von Feuer am Himmel
gelandet. Oder bei Die Besucher,
jenen unfreiwillig komischen Christopher-Walken-Vehikel. Hier kann man dem Film
aber eine stilsichere Hand attestieren, vor allem weil das Nicht-gezeigte
bekanntermaßen immer erschreckender als ein konkretes Bild ist. So bietet Die vierte Art denn auch diverse
Schockmomente und eine insgesamt recht unheimliche Atmosphäre.
Dank des von Osunsanmi gewählten Stils bleiben uns die
Figuren verhältnismäßig fern und die mannigfaltigen Split Screens sind manchmal
eher irritierend als involvierend, aber Die
vierte Art bietet genug Spannung und Flair, um den Zuschauer bei der Stange
zu halten. Nur an die Existenz von sogenannten alien abductions wird man auch nach dem Ende des Films nicht glauben.
Und wenn Osunsanmi uns nicht so penetrant davon überzeugen wollte, hätte er
also einen gradlinigen Horrorthriller gedreht anstatt einer Pseudo-Doku mit
Spielszenen, Die vierte Art hätte
noch stärker sein können.
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