ALIEN – DAS UNHEIMLICHE
WESEN AUS EINER FREMDEN WELT
(Alien)
Großbritannien/USA 1979
Dt. Erstaufführung: 25.10.1979
Regie: Ridley Scott
Großbritannien/USA 1979
Dt. Erstaufführung: 25.10.1979
Regie: Ridley Scott
Anno 2013 ein Review zu einem der großen Klassiker der
Filmgeschichte zu schreiben ist schon allein deshalb schwierig, weil die
gängigen Beschreibungsattribute bereits hinlänglich bekannt sind. Es liegt
wenig Neues darin, Alien (den monströsen
deutschen Untertitel lasse ich aus Platzgründen mal weg) zum x-ten Mal als „Geisterschloss
im Weltall“ (haunted house in space)
zu beschreiben. Das Problem ist sicherlich, dass der Film so immens populär
ist, dass man zwangsläufig andere Rezensenten wiederholt, wenn auch unbewusst
und ohne böse Absicht. Was tun? Vielleicht als erstes die Frage beantworten, ob
der Film aus der Sicht eines Mitte der 1980er Jahre geborenen Menschen, der
diesen Film zum ersten Mal im Alter von 15 sah, hält, was er verspricht: eine tour-de-force von einem
Science-Fiction/Horror-Hybriden zu sein. Die Antwort ist einfach und klar: Ja. Alien ist und bleibt ein verdienter
Klassiker, ein nie langweilig werdendes Filmjuwel, das jeden – wirklich jeden –
seiner zahllosen Nachahmer in die Schranken weist.
Der Raumfrachter Nostromo ist auf dem Rückweg zur Erde, als
die Crew vom Schiffscomputer aus ihrem Kälteschlaf geholt wird. Ein unbekanntes
Signal hat das Raumschiff erreicht und der Kurs wurde automatisch in Richtung
der Quelle korrigiert. Schließlich muss jedem potenziell außerirdischen Signal
nachgegangen werden, so wollen es die Vorschriften. So landet die Crew auf
einem kleinen, einsamen, lebensfeindlichen Planetoiden, auf dem Kapitän Dallas
(Tom Skerritt), Kane (John Hurt) und Lambert (Veronica Cartwright) ein
gestrandetes Raumschiff nicht-menschlichen Ursprungs entdecken, in dessen
Innern hunderte ledriger Eier lagern. Bei der Untersuchung des sensationellen
Funds wird Kane von einer fremden Lebensform angefallen, die sich um sein
Gesicht schlingt. Zurück auf dem Schiff findet sich keine Möglichkeit, den
Organismus zu entfernen, ohne Kane zu gefährden, zumal der „Gast“ statt Blut
Säure durch seine Adern pumpt. Nach einiger Zeit fällt das Wesen allerdings tot
von Kanes Gesicht ab, dem es danach wieder gutzugehen scheint. Bei einem
letzten Essen vor der Rückkehr in den Kälteschlaf bricht allerdings ein Alien
aus Kanes Brust hervor, dass sich danach sofort in den Eingeweiden des riesigen
Schiffes versteckt. Die Besatzung macht sich daran, es aufzuspüren und zu
beseitigen, doch das Monster wächst nicht nur schnell, seine Bösartigkeit ist
zudem kaum zu beschreiben. Für den zweiten Offizier Ripley (Sigourney Weaver)
und die anderen beginnt ein Überlebenskampf.
Die Grundidee von Alien
ist alles andere als neu. Periodisch kommen auch Vorwürfe auf, der Film sei im
Grunde nichts Weiteres als ein Remake des 1950er-Jahre-Trashfilms It! The Terror From Beyond Space. Dies
mag auf die grundsätzliche Prämisse (Raumfahrer werden von einem außerirdischen
Wesen auf ihrem Schiff nach und nach dezimiert) sogar zutreffen, aber Ridley
Scott holt mit der Hilfe des schweizerischen Designers H.R. Giger erstaunlich
viel aus ihr heraus und überholt It! locker.
Denn Alien ist ein Musterbeispiel für
Atmosphäre, stimmige Charaktere und Effekte, die es in jedem Frame mit den
computergenerierten Bildern des neueren Kinos aufnehmen können. Wenn die
Nostromo vorbeischwebt ist es nicht zuletzt dem überragenden Modellbau zu
verdanken, dass man die Präsenz förmlich spürt (wer anlässlich des Director’s Cut von 2003 die Möglichkeit
hatte, den Film im Kino zu erleben, wird dies noch besser verstehen). Ebenso
hervorragend ist das Innendesign des Raumschiffes, auf dem schmutzige Zweckmäßigkeit
regiert. Scott bewegt sich stets tastend durch die Gänge, als wüsste er selbst
nicht, wann und wo die Kreatur zuschlagen könnte. Selbst zu Beginn, als vom
Alien noch meilenweit nichts zu sehen ist, generiert er so eine unheilvolle,
ungemein dichte Atmosphäre und hält sie auch noch über die gesamte Spielzeit.
Selbst in Sequenzen, die nicht primär dem Spannungsaufbau dienen, schwebt über
allem das Gefühl einer diffusen (später natürlich auch konkreten) Bedrohung.
Scott liebt seine Sets und er hat jedes Recht dazu, spielt das Design in Alien
doch eine ebenso wichtige Rolle wie die Schauspieler. Die Nostromo ist im
Grunde ein eigenständiger Charakter, denn ohne ihre verschlungenen,
klaustrophobischen Gänge könnte der Film nicht seine volle Wirkung entfalten.
Besonders interessant, gerade im Hinblick auf so viele
moderne Horrorfilme, ist Scotts Mut zur Exposition. Alien beginnt nicht mit einem opening
kill, de facto wird er viele ungeduldige, nur auf blutige Effekte erpichte
Zuschauer bis zum Tode Kanes wohl verlieren, es sei denn, sie sind willig, eine
Horrorgeschichte anzunehmen, die sich Zeit nimmt, das Wie und Warum eben jenes
Horrors zu erklären und die Charaktere nicht als billiges Kanonenfutter zu
verheizen. Es ist gerade diese Elemente, die Alien, auch im Vergleich zum jüngsten Prequel, Prometheus – Dunkle Zeichen, so stark machen: Nichts ist Scott egal
und somit auch uns als Zuschauer. Wir wollen nicht, dass all die
hemdsärmeligen, schroffen Trucker im Weltall, die doch nur ihre Arbeit machen,
umkommen und dennoch müssen wir hilflos ihrem Kampf zusehen. Scott versteht es,
mit wenigen Gesten und Sätzen präzise zu sein, zumindest für einen Horrorfilm.
Das menschliche Element ist nicht austauschbar.
Alien ist ein
Triumph sowohl des Science-fiction als auch des Horrorkinos. Die Genres werden
kongenial gemischt, das SF-Element hat einen gewissen Realismus an sich und
unterscheidet sich deutlich von den eher an Fantasy erinnernden Welten eines
George Lucas. Raumfahrt ist hier ein Geschäft wie jedes andere und der Film
schafft es überzeugend, diesen Umstand zu illustrieren. Und die Horrorelemente
sind äußerst effektiv, wobei nicht nur der Ausbruch des Aliens aus John Hurts
Brustkasten gemeint ist. Dabei geht es gar nicht um die Inszenierung von
Blutrünstigkeiten, im Gegenteil: im Vergleich mit anderen Produktionen des
Genres und auch mit seinen eigenen Fortsetzungen ist Alien geradezu zahm. Es ist das, was wir nicht sehen, die
Überraschungen, die plötzlich ertönenden Geräusche, die uns ängstigen.
Oft nagt der Zahn der Zeit gerade an SF- und Horrorfilmen
doch gewaltig. Bei ersteren, weil die Gegenwart die dargestellte Zukunft
überholt, bei letzteren, weil das, was gruselig gemeint war, auf ein neues
Publikum nicht mehr so wirkt. Beides trifft auf Alien nicht zu. Mit Ausnahme von Sigourney Weavers Haaren wirkt
nichts im Bild aus der Zeit gefallen, die Zukunft der Weltraum-Malocher wirkt
heute noch genauso plausibel wie 1979. Und die Schockeffekte haben sich auch
als zeitlos erwiesen, weil die Ängste des Publikums sich nicht grundlegend
ändern.
So bleibt Alien einer der besten Filme aller Zeiten, auch wenn dieses Statement vielleicht zu inflationär gebraucht wird. Ausgestattet mit viel Talent vor und hinter der Kamera, einem reichen Subtext (über die Deutung des Films als Allegorie auf die dunkle Seite der Sexualität will ich gar nicht erst anfangen – eine Rahmensprengung wäre vorprogrammiert) und einer zeitlosen Inszenierung ist Ridley Scotts zweite Spielfilmarbeit sein magnum opus - bis heute.
So bleibt Alien einer der besten Filme aller Zeiten, auch wenn dieses Statement vielleicht zu inflationär gebraucht wird. Ausgestattet mit viel Talent vor und hinter der Kamera, einem reichen Subtext (über die Deutung des Films als Allegorie auf die dunkle Seite der Sexualität will ich gar nicht erst anfangen – eine Rahmensprengung wäre vorprogrammiert) und einer zeitlosen Inszenierung ist Ridley Scotts zweite Spielfilmarbeit sein magnum opus - bis heute.
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