Donnerstag, 23. Mai 2013

Aliens - Die Rückkehr (1986)




ALIENS – DIE RÜCKKEHR
(Aliens)
Großbritannien/USA 1986
Dt. Erstaufführung: 13.11.1986
Regie: James Cameron

Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt als tour-de-force zu beschreiben, ist zutreffend. Das gleiche mit Aliens – Die Rückkehr zu tun, ebenso, wenn auch unter anderen Vorzeichen. War Ridley Scotts Film eher ein Kammerspiel, ein klaustrophobischer Horror/Science-fiction-Hybrid, so tauscht James Cameron für die Fortsetzung die Enge der Nostromo gegen die Weitläufigkeit eines Außenposten auf just jenem Planeten ein, auf dem das außerirdische Raumschiff in Teil Eins gestrandet war und macht aus der Prämisse, Lt. Ripley erneut gegen die Monster antreten zu lassen, einen furiosen Actionfilm.

Nach 57 Jahren im Kälteschlaf wird Ripley (Sigourney Weaver) eher zufällig von einer Raumpatrouille aufgegriffen und zur Erde gebracht. Dort muss sie nicht nur erfahren, dass ihre Tochter inzwischen verstorben ist, auch ihrer Geschichte vom feindlichen außerirdischen Organismus will niemand so recht glauben schenken, zumal der Versicherungsschaden durch die Zerstörung der Nostromo beträchtlich ist. Auf LV-426, jenem Planetoiden, auf dem Ripley und ihre Crew dereinst das Alien unfreiwillig an Bord nahmen, befindet sich inzwischen eine menschliche Kolonie, die Terraforming betreibt. Als der Kontakt abbricht beginnt man, Ripleys Geschichte wieder mehr Bedeutung zuzumessen und zusammen mit einem Trupp bis an die Zähne bewaffneter Marines macht sie sich auf den Weg, sich ihren Dämonen zu stellen. Auf LV-426 findet die Mannschaft eine von Menschen verlassene Station wieder – was nicht heißt, dass hier nichts Lebendiges zu finden ist…

Wer über die Erwähnung von Ripleys Tochter in der Inhaltsbeschreibung stolperte, der ist wohl nur mit der Kinoversion von 1986 vertraut. Dank Home Entertainment existiert inzwischen auch eine etwa 25 Minuten längere, gehaltvollere Special Edition, die den Film nicht nur eine Laufzeit von 2 ½ Stunden beschwert, sondern vor allem tiefer in Ripleys Motivationen eingeht. Das man erfährt, wie die Aliens in die Station gelangt sind und den Kontrast zwischen wuseligen Geschäftigkeit und den ausgestorbenen Korridoren zu Gesicht bekommt, ist eine Sache, aber dass es Cameron gelingt, Ripleys Charakter mit wenigen Szenen so effektiv auszubauen, ist hervorragend. So erscheint auch ihr Bemühen um das kleine Mädchen Newt (Carrie Henn, die nach Aliens nie wieder in einem Film erscheinen sollte und laut IMDB heute als Lehrerin arbeitet) in ganz neuem, noch nachvollziehbarerem Licht. In der Kinoversion hat es einen Touch á la „Ripley als Frau und Zivilistin kümmert sich halt um das verlorene Mädchen“, in der Special Edition erhält die aufopferungsvolle Beziehung durch die Tragik im Hintergrund eine andere Konnotation. Zudem wird ihre Motivation, sich überhaupt noch einmal mit den Aliens auseinanderzusetzen durch einen Cocktail aus Rachegelüsten, Konfrontationstherapie und schnöden wirtschaftlichen Absichten (Ripley bekommt ihren alten Job nur zurück, wenn sie die Mission als Beraterin begleitet) nachvollziehbar erklärt. Weitere kleine Charaktermomente vervollständigen auch das Bild der anderen Figuren und es wird auf eine sich entwickelnde Beziehung zwischen Ripley und dem Marine Hicks (Michael Biehn) hingearbeitet, ohne dass zu sehr mit dem Holzhammer geschwungen wird.

Überhaupt hat Cameron glücklicherweise das Stärkste Element des ersten Teils übernommen: die Charakterzeichnung. Alien funktionierte so kongenial, weil uns als Zuschauern die Personen nicht egal waren. Aliens gelingt nicht nur dies, er schafft es auch, einem Heer von Marines Persönlichkeiten zu geben. Oft sind Mitglieder des Militärs nur als austauschbares Kanonenfutter gezeichnet, hier sehen wir jeden Mensch in Uniform vor seinem oder ihrem Tod mehrfach und erfahren auch noch das ein oder andere über sie oder ihn. Wieder gilt: charakterisiere deine Figuren mit zwar archetypischen, aber eleganten Zügen, baue ihre Beziehungen aus und die für Filme dieser Art so wichtige, aber zu oft vernachlässigte emotionale Anteilnahme stellt sich von selbst ein.

Nachdem er die Bühne mit sympathischen, ebenso raubeinigen Genossen wie in Alien bevölkert hat, kann Cameron alles daran setzen, eben jene Bühne dem Erdboden gleich zu machen. Selten war die Analogie „Achterbahnfahrt“ so zutreffend wie in diesem Fall, inszeniert Cameron Aliens doch als ruhelose, furiose Jagd. Es gibt genug Momente zum kurzen Durchatmen, die clever für Charaktermomente genutzt werden, aber im Großen und Ganzen ist der Film nach der Ankunft auf LV-426 eine einzige souverän gehandhabte Actionsequenz, die bis zum Schluss ihre Spannung halten kann. Unterstützt von grandiosen Spezialeffekten ist der Film zudem ein Fest für die Augen, auch wenn der Einfluss von H.R. Gigers Design deutlich zurückgefahren wurde. Dafür leidet das Gespür für Atmosphäre durch die unterschiedliche Herangehensweise nicht. Beide Filme machen guten Gebrauch von ihren verwinkelten Sets.

Auch auf anderen Ebenen baut Cameron die Welt von Alien konsequent und vor allem sinnvoll aus. Wir erfahren sehr viel mehr über das Leben und die Sozialstruktur der Aliens, ohne dass diese dadurch weniger bedrohlich werden. Im Gegenteil, dadurch, dass Cameron ihnen ein gewisses Maß an Intelligenz zugesteht wird die Bedrohung eher noch größer. Auch wird die Frage beantwortet, woher die Eier kommen, aus denen die Facehugger schlüpfen (das Bild eines Facehuggers, der über den Boden eines Labors auf Ripley zuläuft ist eins der gruseligsten Bilder, die der Film zu bieten hat) und das Ende mit seiner Konfrontation zweier Mütter ist für eine Vielzahl von Deutungen offen. Darüber hinaus gibt es weitere Beweise für die Menschenverachtung der Weyland-Yutani-Gruppe, Ripleys Arbeitgeber. Und auch ein Android namens Bishop (Lance Henriksen) tritt auf den Plan, was bei Ripley und dem Zuschauer nach den Erfahrungen aus Alien kein gutes Gefühl hinterlässt. Henriksen portraitiert Bishop als undurchschaubaren Charakter, der sich so ins Gedächtnis einprägt. Ist dieser Android vertrauenswürdig?

Aliens ist ein atemloser Trip ins „Herz der Finsternis“ (inklusiver einer entsprechenden visuellen Inszenierung, vor allem zum Finale), einer der besten Actionfilme aller Zeiten. Cameron sollte sein Gespür für diese Art Filme auch später noch unter Beweis stellen (The Abyss – Abgrund des Todes, Terminator 2 – Tag der Abrechnung und True Lies – Wahre Lügen). Hiermit inszenierte er auf jeden Fall einen ähnlich zeitlosen Film wie Scotts Vorlage, wenn auch unter anderen Vorsätzen. Dass das Unterfangen trotz des Schwenks kein Desaster wurde ist an sich bereits bemerkenswert. Dass es so gut wurde wie Aliens – Die Rückkehr ist es umso mehr.



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