Freitag, 3. Mai 2013

Another Earth (2011)




ANOTHER EARTH
USA 2011
Dt. Erstaufführung: 10.11.2011
Regie: Mike Cahill

Astronauten berichten immer wieder davon, dass der Anblick der Erde vom Weltraum aus gesehen zu den bedeutendsten Momenten ihres Lebens zählt. Nun ist ein Flug ins All den allermeisten Erdenbewohnern nicht vergönnt. In Another Earth kommt ein jeder Mensch anders in diesen Genuss: eine zweite Erde taucht am Himmel auf.

Das Auftauchen von Earth 2 (nicht zu verwechseln mit einer gewissen TV-Serie) erfolgt just in der Nacht, in der die junge angehende Studentin Rhoda Williams (Brit Marling) ihre Aufnahme am MIT feiert und sich danach alkoholisiert ans Steuer ihres Wagens setzt. Die Nachricht von der zweiten Erde veranlasst sie, bei voller Fahrt aus dem Fenster zu starren. Schließlich kracht sie in das Auto des Komponisten John Burroughs (William Mapother). Ihn befördert sie damit ins Koma, seine Frau (Meggan Lennon), Sohn (AJ Diana) und ungeborene Tochter tötet sie damit. Rhoda wird verurteilt und kommt vier Jahre später aus dem Gefängnis frei. Da sie zum Zeitpunkt des Unfalls minderjährig war, hat Burroughs nie ihren Namen erfahren. Inzwischen ist die zweite Erde so nah an die erste Erde herangekommen, dass eine Funkverbindung möglich ist. Wie sich herausstellt, sind die beiden Planeten identisch – mehr oder weniger. Eine aufkommende Theorie besagt, dass sich die Synchronität der beiden Welten in dem Moment auseinanderbewegte, als sie ins jeweilige Blickfeld rückten. Für Rhoda bedeutet das Hoffnung: hat ihr Alter Ego auf der anderen Erde keine Familie auf dem Gewissen? So bewirbt sie sich nicht nur mit einem Aufsatz darum, einen Flug zur zweiten Erde zu gewinnen, sondern fängt auch an, sich beim emotional gebrochenen Burroughs als Haushaltshilfe zu verdingen…

Eins muss man klar stellen: wer von Another Earth so etwas wie wissenschaftliche Plausibilität erwartet, der wird gnadenlos enttäuscht. Die beiden Erden bedingen sich nicht untereinander, obwohl sie sich so nah sind. Keine Naturkatstrophen, keine Veränderungen der Gezeiten, nichts. Aber darum geht es auch nicht. Another Earth mag einen Science-fiction-Touch haben, aber es ist eben nur ein Hauch. Regisseur Mike Cahill interessiert sich vielmehr für das Zwischenmenschliche und legt seinen Film als Meditation über Schuld, Sühne und Schicksal an. Dabei trifft er nicht immer den richtigen Ton, aber insgesamt ist sein Spielfilmregiedebüt ein involvierendes Drama mit starken Bildern. Denn Wissenschaft hin oder her, der Anblick einer zweiten Erde, die majestätisch am Himmel steht, ist gleichzeitig erhaben, poetisch und melancholisch.

Die Beziehung zwischen Rhoda und John Burroughs ist das Herzstück des Films. Vor allem Brit Marling, die auch am Drehbuch mitwirkte, zeigt ihr schauspielerisches Können. Rhoda ist intelligent, ein Nerd-Girl, wenn man so will, dass sich exzessiv für den Weltraum interessiert (wer könnte es ihr bei so etwas wie den eingangs gezeigten Bildern des Jupiters auch verdenken), das aber durch den Unfall aus ihrem Leben gerissen wird. Rhoda ist per se kein schlechter Mensch und Marling gelingt es kongenial, den ständigen inneren Konflikt darzustellen. Rhoda sucht John auf, nicht genau wissend, was sie ihm eigentlich sagen möchte und verstrickt sich dann immer tiefer in dessen Leben, befreit ihn aus seiner Trauer und Lethargie, die er mit Prostituierten zu überdecken versuchte. Dass sie sich ineinander verlieben ist allerdings ein sich nie wirklich organisch anfühlender Kniff des Drehbuchs. Schlimmer noch, es wirkt wie eine Ausrede für eine Sexszene. Die tiefe Freundschaft, die sich zwischen den Beiden entwickelt, ist glaubwürdig, die Inklusion von Sexualität nicht. Der kurz danach folgenden Aussprache sollte so wohl mehr emotionale Schlagkraft verliehen werden. Gebraucht hätte der feinsinnige Film so einen Holzhammer nicht, zumal er damit viel zu sehr ins Melodrama abrutscht.

Another Earth wird von seinen guten Darstellern und den wunderschönen Bildern getragen und die hervorragende Filmmusik von Fall on your Sword trägt ihren Teil zum melancholischen Grundtenor des Films bei. Und das Ende ist eins jener Sorte, dass Diskussionen eröffnet und die Schicksalsfrage mit einem Bild beantworten kann. Ein insgesamt starker Film, dem ein klein wenig mehr fine tuning gut getan hätte. Aber das kann man leicht vergessen, wenn über dem eigenen Haus eine zweite Erde thront.






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