DIE NACHT DER REITENDEN LEICHEN
(La
Noche del terror ciego)
Spanien/Portugal
1972
Dt.
Erstaufführung: 29.09.1972
Regie: Amando de Ossorio
Mit einem
klingenden Titel wie Die Nacht der
reitenden Leichen muss es nicht verwundern, dass der von Amando de Ossorio
inszenierte Film zum Kult und zu einem Symbol der Zensurbestrebungen des
damaligen Westdeutschlands wurde. Gewalt dominiert den Film zwar nicht, aber
auch heute sind einzelne Implikationen, trotz Blutes aus dem Tuschkasten, noch
ziemlich wirkungsvoll. Die rituelle Opferung einer jungen Frau funktioniert in
ihrer misogynen Rohheit noch heute, einen Feminismus-Preis wird das eindeutig
ausbeuterische Werk selbstredend weder dafür noch für sonst eine Darstellung
erhalten. Was Die Nacht der reitenden
Leichen allerdings erstaunlicherweise sehenswert macht, ist das sichere
Gespür de Ossorios für Atmosphäre. Die Stimmung ist unheimlich, die
Soundgestaltung spannend, vor allem das Set der verfallenen Templer-Burg
großartig in Szene gesetzt. Die Nacht der
reitenden Leichen weiß zwar nicht so ganz, was er eigentlich sein will, ob
suggestiver Geisterfilm, polternder Zombiestreifen oder lasziver Vampirfilm,
und auch mangelt es ihm an sympathischen Figuren, aber – und das ist wohl das
bemerkenswerteste an dem ganzen Unterfangen – er kann durch de Ossorios sichere
Regie das Interesse bis zum Ende aufrecht erhalten.
Virginia (María
Elena Arpón) ist in Spanien unterwegs und trifft ihre alte Jugendaffäre Bella
(Lone Fleming) und ihren schmierigen Freund Roger (César Burner) in einem
Hotel. Gemeinsam bestreiten sie den Rest ihrer Reiseetappe per Zug, bis
Virginia ihn wegen eines Streits in einer gottverlassenen Gegend verlässt. Sie
findet Unterschlupf für die Nacht in einem verfallenen Gemäuer, dass von den
Einwohnern der Gegend aufs strengste gemieden wird. Bald stellt sich auch
heraus, warum dem so ist: die Leichen von Tempelrittern, die dereinst blutige
Menschenopfer auf ihrer Burg darbrachten, um ihrem okkulten Glauben zu frönen,
steigen aus ihren Gräbern und begeben sich auf die Suche nach neuen Opfern. Am
nächsten Tag machen sich Bella und Roger auf die Suche nach ihrer Freundin und
kommen langsam hinter das Geheimnis der sich gerne auf dem Pferd fortbewegenden
Untoten …
Die Nacht der reitenden Leichen ist ein
trashiges Gruselmär, ohne Frage. De Ossorio reichert seine Geschichte, die sich
auch ein bisschen als Parabel auf die faschistische Vergangenheit Spaniens
lesen lässt, als Vergangenheit, die so schrecklich ist, dass sie sich immer
wieder manifestiert und die Menschen terrorisiert, mit allerlei Einfällen an,
die das damalige Horrorpublikum wahrscheinlich vollends befriedigt haben
dürften: Wiedergänger, Blut, zerfallene Körper, Verstümmelungen plus die
Genrebeigaben nackte Frauenkörper, lesbischer Sex und – als extra stumpfes
Schmankerl – Vergewaltigungsversuche durch einen besonders kruden Charakter.
Das Ganze ist nicht schön, wird aber derartig schlecht von den Schauspielern
verkörpert, dass es sich mitunter schon wie eine Parodie anfühlt. So sicher die
Atmosphärenbildung klappt, so wenig kann de Ossorio etwas mit Schauspielerführung
anfangen. Teilweise stümpern sich die Darsteller derartig durch die Szenen,
dass es wirkt, als habe man vorher lediglich den groben Ablauf besprochen und
sie sich dann sich selbst überlassen. In anderen hat man Typen gecastet, die
man sich ohne die heimliche Absicht, besonders albern zu sein, gar nicht anders
erklären kann (Stichwort: Gerichtsmediziner).
So zerfällt Die Nacht der reitenden Leichen im
Grunde genommen in zwei Filme, einen stimmigen Horrorfilm alter Schule und ein
billiges Trashfest mit miesen Darstellern und exploitativer Gesinnung. Aus dem
Spannungsfeld zwischen doof und faszinierend zieht er denn auch mehr
Anziehungskraft auf sich, als man ihm zugetraut hätte. Die Nacht der reitenden Leichen ist Quatsch in einer schimmernden,
weil bemerkenswert funktionalen Verpackung, die durch das geradezu
nihilistische Ende noch verstärkt wird.
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