DAS BLUTGERICHT DER REITENDEN LEICHEN
(La
noche de las gaviotas)
Spanien 1975
Dt.
Erstaufführung: 09.10.1975
Regie: Amando de Ossorio
Wer nach zwei
enttäuschenden Fortsetzungen noch am Ball geblieben ist, der muss belohnt
werden. So oder ähnlich könnte das Credo von Regisseur Amando de Ossorio
gewesen sein, als er den vierten und letzten Film seiner Reitenden Leichen-Saga inszenierte. Denn gerade nach dem
hanebüchenen Das Geisterschiff der
reitenden Leichen ist der arg charmant betitelte Das Blutgericht der reitenden Leichen ein beachtlicher Schritt nach
vorn. Mehr noch, er ist in vielen Punkten der beste Teil der Reihe, auch wenn
die Atmosphäre im Eröffnungsfilm naturgegeben wirkungsvoller daherkam. Doch
insgesamt kann Teil Vier mit einer fast schon klassischen Story aufwarten (die
ihre herrlich-bekloppten plot holes
hat), einer starken Regie und vor allem – zum ersten Mal in der Geschichte der
untoten Tempelritter mit Satan-Fetisch – sympathischen Figuren. Das Blutgericht der reitenden Leichen
wirkt wie eine Entschuldigung für drei Filme voller Trottel und enervierenden
Exploitation-Klischees. Es ist, gerade im Rahmen dieser notorischen Reihe,
erstaunlich.
Der Arzt Henry
Stein (Victor Petit) zieht mit seiner Frau Joan (María Kosty) in ein
beschauliches Küstendorf, das von einem Fluch heimgesucht wird. Alle sieben
Jahre erheben sich die Überreste der vor Jahrhunderten getöteten okkulten
Tempelritter, um ihren Durst nach Menschenblut durch weibliche Jungfrauen zu
stillen. Und dummerweise ist es kurz nach der Ankunft des Paares wieder einmal
soweit …
Das Blutgericht der reitenden Leichen
knüpft lose an den Vorgänger an, indem die Templer diesmal vor beschaulicher
Ozean-Kulisse ihrem Tun nachgehen (weit scheinen sie nach ihrer Fahrt aus den
Fluten am Ende von Das Geisterschiff…
nicht gekommen zu sein – und einen jahrhundertealten Fluch haben sie auch gleich
in die Köpfe der Menschen implantiert. Praktisch.). Ansonsten ist alles soweit
beim alten: die misogynen Mistkerle morden junge Frauen dahin (männliche
Jungfrauen, die ja rein technisch auch in Frage kommen könnten, werden explizit
ausgenommen), um mit ihrem Blut ihr untotes Dasein zu verlängern. Neu ist dabei
ein Götze, dem sie huldigen und von dem sie ihre Kraft beziehen – öfter mal was
Neues. Warum niemand die Gegend verlässt, wenn man schon absehen kann, dass
alle sieben Jahre (warum nun diese präzise Zeitangabe?) sieben junge Frauen des
Ortes dran glauben müssen, es bleibt ebenso im Dunkeln wie die offensichtlich
beeindruckende Reproduktionsrate einer Gemeinschaft, die hauptsächlich aus
garstigen Omas besteht.
Man sieht schon, Das Blutgericht der reitenden Leichen
ist nicht gerade ein Film der Logik oder auch nur zum kritischen Nachfragen
geeignet – aber das waren die reitenden Leichen ohnehin nie. Was den Film
charmant macht ist seine an 50er-Jahre-Genrefilme angelehnte Atmosphäre, das
pittoreske Setting (das Meeresrauschen bildet einen erstaunlich stimmigen
Klangteppich) und die Figuren, die erstmals Sympathien aufkommen lassen. Wie
eine Entschuldigung für alle Entgleisungen der Vergangenheit gibt es keinen
Mann, der bei der kleinsten Gelegenheit der Meinung ist, Vergewaltigung wäre
eine akzeptable Sache, die Außenseiterfigur entpuppt sich nicht als
gemeingefährlicher Opportunist, man verfolgt den Kampf der Charaktere mit sehr
viel mehr Elan als bei den anderen Filmen, vor allem dem unsäglichen Das Geisterschiff der reitenden Leichen.
Bemerkenswert ist
außerdem, dass der Film ein definitives Ende hat. Die Templer waren drei Filme
lang am Ende unbesiegt, Teil Vier sorgt nun für eine Konklusion, vielleicht
auch weil klar war, dass das Konzept sich nun endgültig überlebt hatte. Die reitenden
Leichen können nun in Unfrieden ruhen und bescheren dem geneigten Zuschauer
zuvor einen erstaunlich unterhaltsamen, seine eigene Idiotie wohlwollend
vergessen machenden Film, dem man de Ossorio gar nicht mehr zugetraut hätte. Das Blutgericht der reitenden Leichen
ist kein überragender Genrefilm, aber er ist so viel ansehnlicher, als man es
von der Reihe erwartet hätte, dass man ihn schwerlich verdammen kann.
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