Montag, 31. März 2014

Der große Muppet Krimi (1981)




DER GROßE MUPPET KRIMI
(The Great Muppet Caper)
USA 1981
Dt. Erstaufführung: 21.05.1994 (TV-Premiere)
Regie: Jim Henson

Der zweite Kinofilm mit den beliebten Puppen aus der Kreativschmiede des Jim Henson hat eine etwas kuriose Geschichte hinter sich. Nach allen Informationen, die verfügbar sind, wurde der Film irgendwann in den 1980er Jahren in Deutschland synchronisiert, kam aber nie ins Kino. Dem hiesigen Publikum wurde der Film augenscheinlich erstmals am 21.05.1994 bei einer TV-Ausstrahlung auf Pro 7 gezeigt (es ist durchaus möglich, dass der Autor dieser Zeilen damals auch vor der Mattscheibe saß). Warum diese sinnlose Verzögerung, waren (und sind) die Muppets doch auch in Deutschland populär, darüber kann man nur spekulieren, zumal man so in Deutschland die Filme asynchron vorgesetzt bekam, erfuhren doch sowohl Muppet Movie als auch der dritte Film, Die Muppets erobern Manhattan, eine Kinoauswertung in der BRD (die DDR verweigerte den anarchischen Puppen sozusagen die Einreise in die Kinos). Doch was auch immer die Beweggründe hinter dieser Entscheidung gewesen sein mochten, auf diese Weise kam man hierzulande 14 Jahre nicht in den Genuss eines der besten Beiträge zum Erbe Hensons. Nicht nur, dass es der einzige Muppet-Film bleiben sollte, bei dem Jim Henson selbst Regie führte, er ist auch eine Weiterentwicklung in Bezug auf Muppet Movie. Der große Muppet Krimi hat mehr Handlung und mehr Witz, dafür weniger Cameos. Aber wen stört das schon, wenn das Ergebnis so unterhaltsam ausfällt wie in diesem Fall? Zumal die Gaststars, die auftreten, wieder einmal ihr Bestes geben, um neben der bunten Puppenschar überhaupt eine Chance zu haben.

In dieser Geschichte sind Kermit und Fozzie nicht nur Zwillinge, sondern auch rasende Reporter im Dienste einer Zeitung, mit Gonzo als ihrem Fotograf im Schlepptau. Als sie ihre erste große Story gleich vermasseln, setzt sie ihr Herausgeber sofort wieder an die Luft. Doch das hindert die drei Freunde nicht, nach England zu reisen und dort auf eigene Faust die Hintergründe der verpassten Geschichte zu recherchieren: die Juwelen der Lady Holiday (Diana Rigg) wurden bei einem USA-Besuch ihrerseits gestohlen und Kermit und Co. wollen sie interviewen und vielleicht, so der ehrgeizige Plan, auch noch die Hintermänner des Raubs ausfindig machen und verhaften lassen. Die Schlagzeile auf Seite Eins wäre ihnen sicher. Als Unterkunft dient ihnen in London ein abgehalftertes Hotel mit allerlei anderen verqueren Bewohnern, die allesamt ganz Ohr sind, als Kermit sich in die Sekretärin von Lady Holiday, Miss Piggy, verliebt. Und damit nicht genug, denn der Bruder der Bestohlenen, Nicky Holiday (Charles Grodin), scheint ein falsches Spiel zu spielen, dass natürlich nur von den Muppets gestoppt werden kann…

Der große Muppet Krimi, der auch unter den Titeln Die große Muppet-Sause und Die große Muppet-Party bekannt ist, wurde von der US-Kritik vergleichsweise verhalten aufgenommen, unter den drei Muppet-Filmen aus der Ära Jim Hensons rangiert er auf dem letzten Platz was den Zensus angeht. Eine Erklärung hierfür zu finden ist genauso umständlich wie nach dem Grund für die Pro 7-Premiere zu fragen. Denn der zweite Muppet-Film ist ein Feuerwerk an Einfällen, Gags (die größtenteils auch nicht durch die Synchronisation unkenntlich gemacht wurden) und mit Happiness Hotel auch mit einem hervorragenden Song gesegnet. Einzig in einer langatmigen Tanznummer und einem überflüssigen Wasserballet geht ihm die Puste aus, ansonsten ist die Geschichte, eine Muppet-Version des gängigen Heist-Motivs, temporeich erzählt.

Selbst die übliche Sequel-Krankheit, den Vorgänger an Raffinessen, vor allem technischer Natur, überbieten zu wollen, wird hier zum Vorteil des Films umgemünzt. Natürlich kann man fragen, ob eine längere, verbesserte, mit noch mehr Protagonisten in Szene gesetzte Variante von Kermits Fahrradfahrt aus dem ersten Teil dramaturgisch absolut notwendig war, aber spätestens, wenn die Bande ein Abflussrohr hinaufklettert ist dies nicht nur ein technischer, sondern auch ein humoristischer Erfolg. Das gleiche gilt für den Showdown, der in aus der TV-Show bekannten Irrsinn endet. Es sind sehr viel mehr Puppen unterwegs als in Muppet Movie, aber nicht um die Machbarkeit zu demonstrieren, sondern um einen maximalen Effekt zu generieren. So erscheint auch die Metaebene, in der Kermit und die anderen dem Zuschauer immer wieder direkt anreden und die vierte Wand durchbrechen, in ihrer Weiterentwicklung nur konsequent. In Muppet Movie führte man das Drehbuch zur eigenen Geschichte mit sich, was natürlich auch ein interner Verweis auf den Plot war, hier sind die Muppets vollends angekommen in einer Welt des „make believe“. Immerhin schauen wir ständig sprechenden Tieren bei ihren Eskapaden zu.

Sogar die Beziehung zwischen Kermit und Miss Piggy funktioniert diesmal. Miss Piggy ist zwar immer noch der Emporkömmling, der nicht so recht zu den anderen Charakteren passen will, aber dies wirkt diesmal weniger aufgesetzt, zumal Kermit nun ehrlich involviert ist und Miss Piggys Annäherungsversuche nicht auf so plumpe Art ins Leere laufen. Die unglaublich expressiven Möglichkeiten der Puppen erlauben es Kermit sogar, Eifersucht im Angesicht des Piggy-Verehrers Nicky Holiday zu vermitteln. Man sorgt sich um dieses, wenn auch nur angedeutete, Liebesdreieck zwischen Frosch, Schwein und Mensch und fragt sich wieder einmal, in was für einem Universum Hensons Film eigentlich spielt, in dem man solche Gedanken überhaupt hegen kann, ohne in der Zwangsjacke zu landen. Erneut ist die Ausstrahlung der Figuren, die sich von ihrer Existenz als Puppen emanzipieren, bemerkenswert.

Der große Muppet Krimi ist ein äußerst humorvoller, äußerst unterhaltsamer Film, der sich mehr auf seine Geschichte konzentriert als dem Charakter einer Revuenummer zu verfallen. So hält man sich, wie erwähnt, bei den Cameos zurück und von denen, die auftauchen ist John Cleese sicherlich das Highlight, weil er es tatsächlich schafft, als steifer englischer Gentleman, der sich nichts daraus macht, dass ein Schwein die Regenrinne hinaufklettert, Kermit und Piggy die Schau zu stehlen. Die Muppets arbeiten sich so weniger an im Minutentakt auftauchenden Prominenten ab, sondern können sich mehr auf ihre eigentliche Stärke konzentrieren: dem Verbreiten von gepflegten Chaos. Der große Muppet Krimi ist ein Highlight des fusseligen Kinos.



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