DER GROßE MUPPET
KRIMI
(The Great Muppet Caper)
USA 1981
Dt. Erstaufführung: 21.05.1994 (TV-Premiere)
Regie: Jim Henson
Dt. Erstaufführung: 21.05.1994 (TV-Premiere)
Regie: Jim Henson
Der zweite Kinofilm mit den beliebten
Puppen aus der Kreativschmiede des Jim Henson hat eine etwas kuriose Geschichte
hinter sich. Nach allen Informationen, die verfügbar sind, wurde der Film
irgendwann in den 1980er Jahren in Deutschland synchronisiert, kam aber nie ins
Kino. Dem hiesigen Publikum wurde der Film augenscheinlich erstmals am
21.05.1994 bei einer TV-Ausstrahlung auf Pro 7 gezeigt (es ist durchaus
möglich, dass der Autor dieser Zeilen damals auch vor der Mattscheibe saß).
Warum diese sinnlose Verzögerung, waren (und sind) die Muppets doch auch in
Deutschland populär, darüber kann man nur spekulieren, zumal man so in
Deutschland die Filme asynchron vorgesetzt bekam, erfuhren doch sowohl Muppet Movie als auch der dritte Film, Die Muppets erobern Manhattan, eine
Kinoauswertung in der BRD (die DDR verweigerte den anarchischen Puppen
sozusagen die Einreise in die Kinos). Doch was auch immer die Beweggründe hinter
dieser Entscheidung gewesen sein mochten, auf diese Weise kam man hierzulande
14 Jahre nicht in den Genuss eines der besten Beiträge zum Erbe Hensons. Nicht
nur, dass es der einzige Muppet-Film bleiben sollte, bei dem Jim Henson selbst
Regie führte, er ist auch eine Weiterentwicklung in Bezug auf Muppet Movie. Der große Muppet Krimi hat mehr Handlung und mehr Witz, dafür
weniger Cameos. Aber wen stört das schon, wenn das Ergebnis so unterhaltsam
ausfällt wie in diesem Fall? Zumal die Gaststars, die auftreten, wieder einmal
ihr Bestes geben, um neben der bunten Puppenschar überhaupt eine Chance zu
haben.
In dieser Geschichte sind Kermit und Fozzie nicht nur
Zwillinge, sondern auch rasende Reporter im Dienste einer Zeitung, mit Gonzo
als ihrem Fotograf im Schlepptau. Als sie ihre erste große Story gleich
vermasseln, setzt sie ihr Herausgeber sofort wieder an die Luft. Doch das
hindert die drei Freunde nicht, nach England zu reisen und dort auf eigene
Faust die Hintergründe der verpassten Geschichte zu recherchieren: die Juwelen
der Lady Holiday (Diana Rigg) wurden bei einem USA-Besuch ihrerseits gestohlen
und Kermit und Co. wollen sie interviewen und vielleicht, so der ehrgeizige
Plan, auch noch die Hintermänner des Raubs ausfindig machen und verhaften
lassen. Die Schlagzeile auf Seite Eins wäre ihnen sicher. Als Unterkunft dient
ihnen in London ein abgehalftertes Hotel mit allerlei anderen verqueren
Bewohnern, die allesamt ganz Ohr sind, als Kermit sich in die Sekretärin von
Lady Holiday, Miss Piggy, verliebt. Und damit nicht genug, denn der Bruder der
Bestohlenen, Nicky Holiday (Charles Grodin), scheint ein falsches Spiel zu
spielen, dass natürlich nur von den Muppets gestoppt werden kann…
Der große Muppet Krimi,
der auch unter den Titeln Die große
Muppet-Sause und Die große
Muppet-Party bekannt ist, wurde von der US-Kritik vergleichsweise verhalten
aufgenommen, unter den drei Muppet-Filmen aus der Ära Jim Hensons rangiert er
auf dem letzten Platz was den Zensus angeht. Eine Erklärung hierfür zu finden
ist genauso umständlich wie nach dem Grund für die Pro 7-Premiere zu fragen.
Denn der zweite Muppet-Film ist ein Feuerwerk an Einfällen, Gags (die größtenteils
auch nicht durch die Synchronisation unkenntlich gemacht wurden) und mit Happiness Hotel auch mit einem
hervorragenden Song gesegnet. Einzig in einer langatmigen Tanznummer und einem
überflüssigen Wasserballet geht ihm die Puste aus, ansonsten ist die Geschichte,
eine Muppet-Version des gängigen Heist-Motivs, temporeich erzählt.
Selbst die übliche Sequel-Krankheit, den Vorgänger an
Raffinessen, vor allem technischer Natur, überbieten zu wollen, wird hier zum
Vorteil des Films umgemünzt. Natürlich kann man fragen, ob eine längere,
verbesserte, mit noch mehr Protagonisten in Szene gesetzte Variante von Kermits
Fahrradfahrt aus dem ersten Teil dramaturgisch absolut notwendig war, aber
spätestens, wenn die Bande ein Abflussrohr hinaufklettert ist dies nicht nur
ein technischer, sondern auch ein humoristischer Erfolg. Das gleiche gilt für
den Showdown, der in aus der TV-Show bekannten Irrsinn endet. Es sind sehr viel
mehr Puppen unterwegs als in Muppet Movie,
aber nicht um die Machbarkeit zu demonstrieren, sondern um einen maximalen
Effekt zu generieren. So erscheint auch die Metaebene, in der Kermit und die
anderen dem Zuschauer immer wieder direkt anreden und die vierte Wand
durchbrechen, in ihrer Weiterentwicklung nur konsequent. In Muppet Movie führte man das Drehbuch zur
eigenen Geschichte mit sich, was natürlich auch ein interner Verweis auf den
Plot war, hier sind die Muppets vollends angekommen in einer Welt des „make
believe“. Immerhin schauen wir ständig sprechenden Tieren bei ihren Eskapaden
zu.
Sogar die Beziehung zwischen Kermit und Miss Piggy
funktioniert diesmal. Miss Piggy ist zwar immer noch der Emporkömmling, der
nicht so recht zu den anderen Charakteren passen will, aber dies wirkt diesmal
weniger aufgesetzt, zumal Kermit nun ehrlich involviert ist und Miss Piggys
Annäherungsversuche nicht auf so plumpe Art ins Leere laufen. Die unglaublich
expressiven Möglichkeiten der Puppen erlauben es Kermit sogar, Eifersucht im
Angesicht des Piggy-Verehrers Nicky Holiday zu vermitteln. Man sorgt sich um
dieses, wenn auch nur angedeutete, Liebesdreieck zwischen Frosch, Schwein und
Mensch und fragt sich wieder einmal, in was für einem Universum Hensons Film
eigentlich spielt, in dem man solche Gedanken überhaupt hegen kann, ohne in der
Zwangsjacke zu landen. Erneut ist die Ausstrahlung der Figuren, die sich von
ihrer Existenz als Puppen emanzipieren, bemerkenswert.
Der große Muppet Krimi
ist ein äußerst humorvoller, äußerst unterhaltsamer Film, der sich mehr auf seine
Geschichte konzentriert als dem Charakter einer Revuenummer zu verfallen. So
hält man sich, wie erwähnt, bei den Cameos zurück und von denen, die auftauchen
ist John Cleese sicherlich das Highlight, weil er es tatsächlich schafft, als
steifer englischer Gentleman, der sich nichts daraus macht, dass ein Schwein
die Regenrinne hinaufklettert, Kermit und Piggy die Schau zu stehlen. Die
Muppets arbeiten sich so weniger an im Minutentakt auftauchenden Prominenten ab,
sondern können sich mehr auf ihre eigentliche Stärke konzentrieren: dem
Verbreiten von gepflegten Chaos. Der
große Muppet Krimi ist ein Highlight des fusseligen Kinos.
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