Montag, 10. März 2014

Mad Max 2 - Der Vollstrecker (1981)




MAD MAX 2 – DER VOLLSTRECKER
(Mad Max 2 / The Road Warrior)
Australien 1981
Dt. Erstaufführung: 27.08.1982
Regie: George Miller

Wenn Mad Max 1979 das erste große Leck war, mit dem das australische Kino auf den internationalen Markt floss, war Mad Max 2 der Dammbruch. In den USA zunächst als The Road Warrior vermarket, weil man Angst hatte, durch den Hinweis auf den ersten, weniger bekannten und auch bei der Kritik weniger beliebten Film potenzielle Zuschauer zu vergraulen, entpuppte sich der wieder von George Miller inszenierte Film schnell als Blockbuster. Der Grund hierfür ist einfach: Mad Max 2 – Der Vollstrecker ist seinem nihilistischen Vorgänger in allen Punkten überlegen, außer vielleicht in der Schilderung einer Gesellschaft am Scheideweg. Aber ansonsten bietet der Film vor allem eins: noch rasantere Action. Mad Max 2 ist ein von Energie nur so strotzender Film, sicherlich keine große Kinokunst, aber brillantes Genrekino.

Die Apokalypse, die im ersten Teil nur angedeutet wurde, hat sich in der Fortsetzung konkretisiert: Die Supermächte des Kalten Krieges haben sich gegenseitig ausgelöscht und den Rest der Welt mit ins Verderben gezogen. Australien wird von marodierenden Banden durchstreift, immer auf der Suche nach Kraftstoff, um ihre Höllenmaschinen anzutreiben. Max (Mel Gibson), der gebrochene, schweigsame Ex-Polizist, möchte sich eigentlich aus den Konflikten dieser neuen Ordnung heraushalten, aber die Zufallsbegegnung mit einem exzentrischen Piloten (Bruce Spence) führt ihn zu einer belagerten Kommune, die, reich an Benzin und Öl, von einer Gang unter Führung des maskierten Humungus (Kjell Nilsson) drangsaliert wird. Nach einigen Widrigkeiten willigt Max ein, den eingeschlossenen zu helfen…

Sieht man die Mad-Max-Trilogie als durchgehende Charakterstudie an, dann darf man hier neue Hoffnungen für die gebeutelte Titelfigur hegen, die am Ende vom ersten Teil so desolat und emotional leer zurückgelassen wurde. Max darf erkennen, dass er seine Menschlichkeit durch den Verlust seiner Familie und den anschließenden Rachefeldzug noch nicht verloren hat. Es ist bemerkenswert, wie effektiv das nonverbale Spiel von Gibson und Spence ist, als sie beispielsweise die Untaten der Belagerer aus sicherer Entfernung beobachten. Und auch wenn Max zunächst nur aus egoistischen Gründen eine Zusammenarbeit mit den Belagerten erwägt, wird diese Episode, auch durch seine Beziehung zu dem verwilderten Kind (Emil Minty), zu einem weiteren Schritt auf dem Weg zu einer emotionalen Heilung für diesen „Mann ohne Namen“.

Die Bezeichnung ist nicht von ungefähr gewählt, gar nicht tief unter der Pulp- und Exploitation-Oberfläche ist Mad Max 2 ein klassischer Western, der sich im Niemandsland Prärie zuträgt – nur dass diese Prärie eben in einer Post-Apokalypse verordnet ist, sogar mit einem „Tal des Todes“. Die Kommune fungiert als Fort und Max als einsamer Rächer, als „Lone Ranger“, der Pilot als sein „Tonto“. Die Analogien sind unübersehbar, auch wenn das Finale etwas rasanter daherkommt, als wenn es mit Planwagen stattgefunden hätte. Denn dies ist der Part, der jedem Zuschauer wohl am besten im Gedächtnis bleiben wird: die finale Flucht aus der Kommune und der Versuch, die Ladung vor dem Zugriff der Aggressoren in Sicherheit zu bringen. Miller zieht hier alle technischen und gestalterischen Register, er weiß sehr genau, wo seine Kamera positioniert sein muss, wann ein Schnitt notwendig ist, wie die Montage beschaffen sein muss, um das maximal mögliche Tempo zu erreichen. Wenn es jemals einen Actionfilm gab, dem man nicht vorwerfen könnte, sein genretypisches Herzstück nur ungenügend in Szene zu setzen, dann ist es Mad Max 2 – Der Vollstrecker. Rasant beschreibt es nur ungenügend, der Film bewegt sich ganz entschieden; auch bereits vorher, aber im Showdown zeigt er endgültig, was in ihm steckt. Dabei wird das Ganze auch nicht repetitiv oder gar langweilig. Die Flucht hoch zu Truck ist eine der Quintessenzen des Actionfilms.

Mit den Implikationen seines Prologs hält sich der Film hingegen nicht weiter auf. Vielmehr verwandelt er die Angst des Kalten Krieges, die ebenso die Verzweiflung des ersten Teils widerspiegelt und in gewissermaßen auch nur als Verweis auf die Paranoia des Science-Fiction-Films der 1950er Jahre fungiert, in eine trotz aller Grausamkeit und kruden Einfälle lebensbejahenden Geschichte. Max als Heilsbringer für eine neue Gesellschaft, der er, der „einsame Wolf“, aber nicht angehören kann, ist gleichermaßen melancholisch wie hoffnungsfroh. Auch nach dem Ende der Zivilisation ist nicht alles verloren. So ist der Film immer noch ein reißerisches Werk, das Cartoon und Groschenroman vereint, aber es weigert sich, sich der dystopischen Haltung des Erstlings anzuschließen. Mad Max 2 ist weniger defätistisch und scheint auch den Trash-Faktor sehr viel gelassener hinzunehmen als Mad Max, der sehr auf seine Ernsthaftigkeit beharrte. Gelöst oder gar komisch ist auch Der Vollstrecker nur in ganz wenigen Ausnahmen, aber schon allein die Fetisch-Kostüme der Schurken beweisen, dass Miller die Exploitaton-Anteile diesmal ganz anders wertet. So ist der zweite Teil seinem Vorgänger überlegen: unterhaltsamer, kinetischer, weniger fatalistisch. Und vor allem: sehr viel mehr Genrespaß für den Zuschauer.




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