Montag, 17. März 2014

Mad Max - Jenseits der Donnerkuppel (1985)




MAD MAX – JENSEITS DER DONNERKUPPEL
(Mad Max Beyond Thunderdome)
Australien 1985
Dt. Erstaufführung: 26.09.1985
Regie: George Miller & George Ogilvie

Die Mad-Max-Reihe ist eine Serie der Extreme, und das ist an dieser Stelle gar nicht auf den Inhalt gemünzt, der mit seinen Gewaltdarstellungen die Kritiker spaltete, seit 1979 der erste Film der Reihe in Australien anlief. Vielmehr ist damit die Qualität der einzelnen Filme gemeint. Nach einem mittelmäßigen Start und einem überragenden zweiten Teil kam die Reihe hier an ihrem Tiefpunkt an. Zum ersten Mal floss US-amerikanisches Geld in die Produktion und augenscheinlich wollte man dafür auch bei der Gestaltung mitreden. Es fällt streckenweise schwer, in Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel einen Film zu erkennen, der in einem Zusammenhang mit den vorangegangenen Teilen steht. Sicherlich, Mel Gibson ist wieder als titelgebende Figur dabei und Australien ist immer noch eine post-apokalyptische Ödness, aber ansonsten? Jenseits der Donnerkuppel ist ein durchschnittlicher US-Blockbuster, formatiert und gefällig. Mit dem rauen Unterhaltungsmonster Der Vollstrecker hat dieser Film auf jeden Fall herzlich wenig gemeinsam.

Diesmal verschlägt es den Ex-Polizisten Max (Mel Gibson) nach Bartertown, einer Gemeinde unter der Knute der machthungrigen Aunty (Tina Turner), in der Schweineexkremente Energie liefern und Konflikte in der sogenannten Donnerkuppel ausgetragen werden. Als Max sich weigert, nach den barbarischen Regeln dieser Arena zu kämpfen, nachdem er sich mit der Obrigkeit angelegt hat, wird er in die Wüste verbannt. Halb tot wird er dort von einer Gruppe Kinder und Jugendlicher gerettet, die in einer nahen Oase leben. Sie glauben in ihm ihren Messias zu erkennen, der sie in eine glorreiche, sichere Zukunft führen wird. Wie immer fühlt sich Max zunächst wenig geschmeichelt von den Hilfsgesuchen, aber wenn man die Rettung der Kinder mit der Rache an Bartertown verbinden kann, warum nicht…?

Es gibt zwei Dinge, die man Jenseits der Donnerkuppel zugutehalten kann: Erstens erreicht Max mit der Rettung der Kinder endlich jene emotionale Katharsis, die ihm seit dem ersten Teil verwehrt wurde, zweitens bemüht sich der Film immerhin darum, eine Kontinuität der Mad-Max-Welt zu gewährleisten. Will heißen: die Maschinen fallen auseinander und der Sprit ist noch knapper geworden, wenn es nicht unbedingt sein muss, bleiben die Autos also ausgeschaltet. Dies führt wiederum dazu, dass Max zum Auftakt des Films mit einem von Kamelen gezogenen Planwagen unterwegs ist – ein gewöhnungsbedürftiges Bild im Hinblick auf die hohe Oktanzahl der Vorgänger. Ein „Road Warrior“ ist er hier scheinbar schon lange nicht mehr, eher wird er vollends zur mystischen Westernfigur, die aus der Wüste kommt und in die Wüste zurückkehrt, wenn seine Arbeit getan ist. Mad Max ist zu Lucky Luke geworden, vor allem, weil es an Daltons in diesem Film nicht mangelt.

Mad Max und Mad Max 2 – Der Vollstrecker waren Exploitation-Filme, der erste ziemlich hardboiled, der zweite mit einem gewissen Sinn für augenzwinkernde Brechungen. Der dritte Teil ist nun sehr viel mehr Trash als alles andere. Exploitation hat einen gewissen inneren Anspruch, auch wenn sich dieser manchmal erst in der Analyse erschließt. Trash hingegen tendiert zum albernen, quasi die Mainstream-Variante von Exploitation. Und wahrlich, Jenseits der Donnerkuppel schielt so sehr auf die breite Publikumsakzeptanz, dass nicht der Film, aber sehr wohl der Zuschauer Kopfschmerzen bekommt. Die Gewalt ist auf ein solches Maß zurückgeschraubt, dass man sich fragt, warum der Film immer noch ab 16 freigegeben ist. Nun soll Gewalt nicht als Qualitätskriterium missverstanden werden, aber dieser Film will so gar nicht zum Ton und der rauen Atmosphäre der Vorgänger passen. Hinzu kommen diverse launige Witze und wenig furchteinflößende Schurken. Ironbar (Angry Anderson), der aus unerfindlichen Gründen als Haupthandlanger nach diversen cartoonigen Beinahe-Toden dann endlich im Wrack seines Wagens stirbt, tut dies nicht ohne einen letzten erhobenen Mittelfinger Richtung Max. Toecutter und Humungus hätten sowas nie getan.

Es ist schon ärgerlich, dass der erste Mad Max-Film, der eine weibliche Figur beinhaltet, die über brave Ehefrau oder Vergewaltigungsopfer hinaus geht, auch der Schlechteste der Reihe ist. Tina Turner gibt ihr Bestes, bleibt aber dennoch immer Tina Turner und ein Song wie We don’t need another hero ist auch nicht gerade die Hymne, die man mit einer Welt wie der von Max ohne weiteres in Verbindung bringen würde. Hinzu kommt noch einige Verwirrung um die Rolle von Bruce Spence, der wieder einen Piloten spielt, bei dem man aber nicht sicher ist, ob es der gleiche Charakter wie in Der Vollstrecker sein soll. Konnte er seine Rolle als Führer des „Nordvolkes“, zu der er laut der narrativen Stimme aus dem Off in Teil 2 auserkoren wurde, einfach so aufgeben? Wo ist seine Frau, wo das „Nordvolk“ doch in Sicherheit sein sollte? Und warum hat er plötzlich einen Namen? Letztlich kommt ihm ohnehin nur die gleiche Aufgabe zu wie im vorangegangenen Teil, wiederholt Jenseits der Donnerkuppel doch nur die Konklusion von Der Vollstrecker: Max rettet eine Gruppe Unschuldiger, erarbeitet sich dadurch wieder mehr Menschlichkeit zurück und wird zur mystischen Heilsbringer-Figur. Man denke nur, es wäre so weiter gegangen, irgendwann hätten sich alle Enklaven in dieser neuen Welt auf Max berufen können. Lucky Luke als Jesus.

So ist Mad Max – Jenseits der Donnerkuppel eine frustrierende, für Fans gerade des zweiten Teils sogar ärgerliche, Angelegenheit. Anbiedernd an einen vermeidlichen Massengeschmack, ohne Ecken und Kanten und dann hauptsächlich auch nicht von George Miller, sondern von George Ogilvie inszeniert (Miller überwachte hauptsächlich die Actionszenen), ist der dritte Teil der Reihe eher langweilig als unterhaltsam, stagnierend anstatt kinetisch. Wenn 2015 der vierte Teil bzw. das Reboot Mad Max – Fury Road startet, hat man hoffentlich aus den massiven Fehlern hier gelernt. Max ist eben kein Mainstream-Held und ein Treiben in diese Richtung musste wohl zwangsläufig zu einer Katastrophe wie Jenseits der Donnerkuppel führen.



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