MUPPET MOVIE
(The Muppet Movie)
USA 1979
Dt. Erstaufführung: 12.06.1980
Regie: James Frawley
Dt. Erstaufführung: 12.06.1980
Regie: James Frawley
Kann man sich dem Charme einer
anarchischen Puppentruppe wie den Muppets entziehen? Schwer vorstellbar, denn
die von Jim Henson erdachten Kreaturen sind weitaus mehr als „nur“ Handpuppen –
es sind Persönlichkeiten, hinter denen ihre nüchtern betrachtete Existenz
verschwimmt. Wenn Kinder die Sets der Sesamstraße
besuchen, brechen sie in Tränen aus, wenn die Puppen ohne Spieler herumliegen,
weil sie denken, sie seien tot. Es zeigt vom ungeheuren Talent Hensons, dass
sich dieser direkte, kindliche Effekt auch auf Erwachsene ausweitet. Die
Muppets sind keine bloßen Puppen, wenn man von Kermit dem Frosch redet, redet
man von Kermit dem Frosch und nicht von seinem Puppenspieler. So ist die
illustre Schar von Tieren, Monstern und Hybriden längt Teil eines (pop)kulturellen
Gedächtnisses und als der erste Kinofilm mit ihnen 1979 ins Kino kam, war auch
die TV-Show erst drei Staffeln alt, zwei weitere sollten noch folgen. In diesem
Direktvergleich mag dem Puristen die Respektlosigkeit, die Sinnlosigkeit
fehlen, die Die Muppet Show
kennzeichneten. Muppet Movie ist
etwas braver als sein TV-Pendant, behält die episodenhafte Struktur aber bei.
Die Odyssee, die hier unternommen wird, ist nur eine Ausrede, um eine Art „Origin
Story“ zu erzählen und als solche eine sehr unterhaltsame Angelegenheit.
Kermit der Frosch lebt glücklich in seinem Sumpf, wo er
eines Tages auf einen Agenten (Dom DeLuise) trifft. Dieser bestärkt ihn darin,
ein toller Musiker und Entertainer zu sein und sein Glück doch mal in Hollywood
zu versuchen. Da ein großes Studio gerade ein Casting für Frösche gestartet
hat, macht sich Kermit nach kurzer Bedenkzeit tatsächlich auf den Weg.
Unterwegs trifft er allerlei Gesellen, unter anderem Fozzie Bär, Gonzo und
Camilla, Doktor Goldzahn und „The Electric Mayhem Band“, Miss Piggy. Sie alle
schließen sich ihm an, träumen sie doch insgeheim wie er den Traum, Menschen
durch die Medien glücklich machen zu können. Doch der schmierige Doc Hopper
(Charles Durning) ist Kermit dicht auf den Fersen, sieht er in ihm doch einen
perfekten Werbeträger – für seine Restaurants, die Froschschenkel verkaufen…
Die Welt der Muppets ist ein bisschen seltsam: es gibt Menschen,
Tiere und eben die fusseligen Kreaturen, die sich einer eindeutigen Definition
entziehen. Die gesellschaftlichen Dimensionen werden allerdings nicht
ausgeleuchtet, auch wenn das Angebot, einem vernunftbegabten Frosch einen
Werbevertrag zur Anpreisung von Froschschenkeln anzubieten, eindeutig als
moralisch verwerflich angesehen wird. Ansonsten haben die Muppets durchweg die
Rollen der sozialen Randfiguren inne. Sie sind Slacker, Künstler, Tagelöhner.
Einzig Miss Piggy fällt als Emporkömmling aus dem Rahmen, einer der Gründe,
warum sie als eine der weniger sympathischen Figuren angesehen werden muss und
ihre Beziehung zu Kermit dementsprechend ambivalent bleiben sollte. Miss Piggy
versucht ständig, jemand zu sein, der sie nicht ist und ihre aufgesetzt-plumpe
Art der Annäherung wird folgerichtig von Kermit nicht aus vollem Herzen
erwidert. Die dysfunktionale Beziehung der Beiden sollte erst von Jim Hensons
Sohn Brian nach dem Tod des Vaters entschärft werden – indem er Piggy schlicht
in den Hintergrund verfrachtete. Die Rolle des störenden Elements inmitten des
bunten Reigens bekleidet Piggy bereits in Muppet
Movie mit Bravour.
Während die Show unmissverständlich den kreativ eingesetzten
und technisch mitunter brillant realisierten Puppen gehört, gibt es auch in Muppet Movie eine ganze Reihe von
Cameoauftritten, die die Gaststarrollen der TV-Show spiegeln. So ist es niemand
geringerer als Orson Welles, der Kermit und Co. den „Standard-Reich-und-berühmt-Vertrag“
angedeihen lässt, Steve Martin hat einen großartigen Auftritt als genervter
Kellner und Mel Brooks brilliert als verrückter Wissenschaftler. James Coburn
wird aus seinem eigenen Café geworfen, Richard Pryor verkauft Gonzo zu viele
Luftballons und Cloris Leachman reagiert allergisch auf Muppet-Fussel. Die
Tradition dieser Gaststars, die natürlich immer auch ein Spiegel der gerade
aktuellen Schauspielerriegen war und ist, hat sich bis heute gehalten.
Muppet Movie ist
wunderbare Unterhaltung, liebevoll gemacht, wenn auch die deutsche
Synchronisation sich mit vielen Sprachwitzen deutlich schwer tut („All drinks
on the house.“ wird zu „Auf dem Dach steht ein Glas Whisky.“). Dafür sind die eingedeutschten
Songs nicht so eine Katastrophe, wie man es hätte befürchten können und Rainbow Connection auch heute noch ein
Gassenhauer. Die Muppets unternehmen eine Reise ins Showgeschäft, weil es ihnen
ein Bedürfnis ist, Freude zu verbreiten. Man kann nach Muppet Movie einfach nicht abstreiten, dass Jim Henson damit auch
ein Stück weit eine Autobiographie abgeliefert hat.
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