Donnerstag, 11. April 2013

Iron Sky (2012)




IRON SKY
Finnland/Deutschland/Australien 2012
Dt. Erstaufführung: 05.04.2012
Regie: Timo Vuorensola

Nazis! Auf dem Mond! Und im symbolträchtigen Jahr 2018 kehren sie mit Raumschiffen auf die Erde zurück, um den verspäteten Endsieg einzuläuten!
Was hätte aus dieser Prämisse nicht alles werden können. Hemmungslose pulp fiction, eine Art Satire auf Weltraumopern im Groschenheftformat, Verballhornung (nicht nur) rechtslastiger Verschwörungstheorien – kurz gesagt: ein großer Spaß. Doch die finnisch-deutsch-australische Co-Produktion Iron Sky unter der Regie von Timo Vuorensola verschenkt fast ihr ganzes Potenzial zugunsten launiger Gags, Stil-Mischmasch und – am schlimmsten – einer letztlich nihilistischen Grundstimmung. Alberner Spaß, gegen den auch im Kino absolut nichts einzuwenden ist, sieht anders aus.

2018 schicken die USA zwei Astronauten zum Mond, hauptsächlich, um die Präsidentin Vivian Wagner (Peta Sergeant) gut dastehen zu lassen. Doch die Männer entdecken mehr als nur Mondgestein: auf der dunklen Seite des Mondes haben sich Nazis angesiedelt, 1945 mit Raumschiffen hierher geflohen und seitdem an der Übernahme der Erde schmiedend. Die Entdeckung bleibt nicht ungesühnt: die Mond-Faschisten töten einen der Astronauten und nehmen den anderen, den Afroamerikaner James Washington (James Kirby), gefangen. Dessen Smartphone liefert auch noch die perfekte Energiequelle für das Inavsionsraumschiff Götterdämmerung, allerdings ist eins dann doch zu wenig. Also machen sich der nächste Führer Klaus Adler (Götz Otto), der per „Albinisierung“ zum Weißen mutierte Washington und die Lehrerin Renate Richter (Julia Dietze) auf den Weg zur Erde, um mehr Smartphones zu besorgen. Und das ist erst der Beginn einer Geschichte, die in einer riesigen Schlacht gegen Weltraumzeppeline enden wird…

Vivian Wagner übernimmt eine Rede von Klaus Adler, die selbstverständlich voller Blut-und-Boden-Rhetorik steckt, 1 zu 1 in ihren Wahlkampf, der auch noch nach dem medialen Vorbild des NS-Staates inszeniert wird. Dies ist das satirische Highlight des Films, eine vielleicht offensichtliche, aber dennoch wirkungsvolle Medienklatsche. Ansonsten haben wir noch eine witzige Begegnung von Renate Richter und der ungekürzten Fassung von Charlie Chaplins Der große Dikator und eine faschistisch-absurde Durchsage auf der Mondbasis. Damit erschöpft sich das komische Potenzial des Films aber auch schon. Ansonsten gibt es nur tumbe Scherze, die viel zu oft nicht wissen, wohin sie wollen und eine Politiksatire, die ein paar Jahre zu spät kommt (George W. Bush schwebt noch über allem) und in ihrer Kritik an bestehenden politischen Formen (Tea-Party-Bewegung) ziemlich zahnlos bleibt. Mehr als den zugegebenermaßen passenden Vergleich zwischen der Tea-Party-Bewegung und Nazi-Deutschland fällt dem Film nicht ein und so wirkt Präsidentin Wagner als Sarah Palin-Klon auch eher peinlich als pointiert.

Besonders krude ist die Faszination, die der Film den Mondnazis entgegenbringt. Schon die Inszenierung als legitime Bedrohung ist für eine selbsternannte Komödie etwas seltsam, könnte aber auch subversiv gedeutet werden: das Lachen soll im Halse stecken bleiben. Das tut es dann auch, aber aus den falschen Gründen. Iron Sky nimmt die Nazis ernst – viel zu ernst für die absurde Prämisse. So erliegt der Film dem, was er parodieren will. Nicht von ungefähr sind die Effekte durchweg gelungen – Iron Sky liegt seine Schau der Möglichkeiten sehr am Herzen, frei nach dem Motto: „Schaut mal, was ich kann!“ Dabei kommentiert er den faschistischen Größenwahn aber nicht mehr ironisch, sondern huldigt ihm mit seiner eigenen Faszination und wird so, trotz misslungenem Versuch, auch noch eine Blaxploitation-Parodie unterzubringen, filmisch sehr, sehr konventionell. Jetzt geht es nur noch darum, den Bösen zu besiegen, egal, wie sehr man ihn insgeheim bewundernd dabei zusieht, wie er seine Raumschiffe gen Erde ziehen lässt. Spätestens hier ist Iron Sky keine Komödie mehr und wenn dann zum Schluss die Erde in der nuklearen Katastrophe untergeht, weil sich die gerade noch gegen die Weltraumnazis verbündeten Nationen zerstreiten, dann siegt das völlig aus dem Ruder gelaufene Drama, dass auch noch damit endet, dass sich auf dem Mond der Grundstein für eine neue menschliche Gesellschaft legt. Diese wird sich aus ach-so-unschuldigen-da-nur-verführten-Neonazis, ehemaligen Funktionären und Washington als einzigen Nicht-Weißen zusammensetzen, als token black guy sozusagen. Das ist weder witzig noch clever, sondern hauptsächlich ärgerlich.

Die Unentschlossenheit von Iron Sky, ob er jetzt Komödie, Drama, Thriller oder etwas ganz anderes sein möchte, führt dazu, dass der Film weit hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt. Selbst die Helge-Schneider-Farce Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler hatte mehr zum Thema zu sagen als dieser Film. So bleibt nur ein indifferentes Bild eines Films, der als Trailer eine unglaublich gute Figur machte, als fertiges Produkt aber so unausgegoren daherkommt, dass nicht nur der Humor auf der Strecke bleibt, sondern auch fast jeglicher kluge Kommentar zum Thema Faschismus. Und das sollte in keinem Film mit Nazis fehlen. Auch nicht, wenn sie vom Mond kommen.



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