IRON SKY
Finnland/Deutschland/Australien 2012
Dt. Erstaufführung: 05.04.2012
Regie: Timo Vuorensola
Nazis! Auf dem Mond! Und im symbolträchtigen Jahr 2018
kehren sie mit Raumschiffen auf die Erde zurück, um den verspäteten Endsieg
einzuläuten!
Was hätte aus dieser Prämisse nicht alles werden können.
Hemmungslose pulp fiction, eine Art Satire auf Weltraumopern im
Groschenheftformat, Verballhornung (nicht nur) rechtslastiger
Verschwörungstheorien – kurz gesagt: ein großer Spaß. Doch die
finnisch-deutsch-australische Co-Produktion Iron
Sky unter der Regie von Timo Vuorensola verschenkt fast ihr ganzes
Potenzial zugunsten launiger Gags, Stil-Mischmasch und – am schlimmsten – einer
letztlich nihilistischen Grundstimmung. Alberner Spaß, gegen den auch im Kino
absolut nichts einzuwenden ist, sieht anders aus.
2018 schicken die USA zwei Astronauten zum Mond,
hauptsächlich, um die Präsidentin Vivian Wagner (Peta Sergeant) gut dastehen zu
lassen. Doch die Männer entdecken mehr als nur Mondgestein: auf der dunklen Seite
des Mondes haben sich Nazis angesiedelt, 1945 mit Raumschiffen hierher geflohen
und seitdem an der Übernahme der Erde schmiedend. Die Entdeckung bleibt nicht
ungesühnt: die Mond-Faschisten töten einen der Astronauten und nehmen den
anderen, den Afroamerikaner James Washington (James Kirby), gefangen. Dessen
Smartphone liefert auch noch die perfekte Energiequelle für das
Inavsionsraumschiff Götterdämmerung, allerdings ist eins dann doch zu wenig.
Also machen sich der nächste Führer Klaus Adler (Götz Otto), der per
„Albinisierung“ zum Weißen mutierte Washington und die Lehrerin Renate Richter
(Julia Dietze) auf den Weg zur Erde, um mehr Smartphones zu besorgen. Und das
ist erst der Beginn einer Geschichte, die in einer riesigen Schlacht gegen
Weltraumzeppeline enden wird…
Vivian Wagner übernimmt eine Rede von Klaus Adler, die
selbstverständlich voller Blut-und-Boden-Rhetorik steckt, 1 zu 1 in ihren
Wahlkampf, der auch noch nach dem medialen Vorbild des NS-Staates inszeniert
wird. Dies ist das satirische Highlight des Films, eine vielleicht
offensichtliche, aber dennoch wirkungsvolle Medienklatsche. Ansonsten haben wir
noch eine witzige Begegnung von Renate Richter und der ungekürzten Fassung von
Charlie Chaplins Der große Dikator
und eine faschistisch-absurde Durchsage auf der Mondbasis. Damit erschöpft sich
das komische Potenzial des Films aber auch schon. Ansonsten gibt es nur tumbe
Scherze, die viel zu oft nicht wissen, wohin sie wollen und eine Politiksatire,
die ein paar Jahre zu spät kommt (George W. Bush schwebt noch über allem) und
in ihrer Kritik an bestehenden politischen Formen (Tea-Party-Bewegung) ziemlich
zahnlos bleibt. Mehr als den zugegebenermaßen passenden Vergleich zwischen der
Tea-Party-Bewegung und Nazi-Deutschland fällt dem Film nicht ein und so wirkt
Präsidentin Wagner als Sarah Palin-Klon auch eher peinlich als pointiert.
Besonders krude ist die Faszination, die der Film den
Mondnazis entgegenbringt. Schon die Inszenierung als legitime Bedrohung ist für
eine selbsternannte Komödie etwas seltsam, könnte aber auch subversiv gedeutet
werden: das Lachen soll im Halse stecken bleiben. Das tut es dann auch, aber
aus den falschen Gründen. Iron Sky nimmt
die Nazis ernst – viel zu ernst für die absurde Prämisse. So erliegt der Film
dem, was er parodieren will. Nicht von ungefähr sind die Effekte durchweg
gelungen – Iron Sky liegt seine Schau
der Möglichkeiten sehr am Herzen, frei nach dem Motto: „Schaut mal, was ich
kann!“ Dabei kommentiert er den faschistischen Größenwahn aber nicht mehr
ironisch, sondern huldigt ihm mit seiner eigenen Faszination und wird so, trotz
misslungenem Versuch, auch noch eine Blaxploitation-Parodie unterzubringen, filmisch
sehr, sehr konventionell. Jetzt geht es nur noch darum, den Bösen zu besiegen,
egal, wie sehr man ihn insgeheim bewundernd dabei zusieht, wie er seine Raumschiffe
gen Erde ziehen lässt. Spätestens hier ist Iron
Sky keine Komödie mehr und wenn dann zum Schluss die Erde in der nuklearen
Katastrophe untergeht, weil sich die gerade noch gegen die Weltraumnazis
verbündeten Nationen zerstreiten, dann siegt das völlig aus dem Ruder gelaufene
Drama, dass auch noch damit endet, dass sich auf dem Mond der Grundstein für
eine neue menschliche Gesellschaft legt. Diese wird sich aus
ach-so-unschuldigen-da-nur-verführten-Neonazis, ehemaligen Funktionären und
Washington als einzigen Nicht-Weißen zusammensetzen, als token black guy sozusagen. Das ist weder witzig noch clever,
sondern hauptsächlich ärgerlich.
Die Unentschlossenheit von Iron Sky, ob er jetzt Komödie, Drama, Thriller oder etwas ganz
anderes sein möchte, führt dazu, dass der Film weit hinter seinen Möglichkeiten
zurückbleibt. Selbst die Helge-Schneider-Farce Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler hatte
mehr zum Thema zu sagen als dieser Film. So bleibt nur ein indifferentes Bild
eines Films, der als Trailer eine unglaublich gute Figur machte, als fertiges
Produkt aber so unausgegoren daherkommt, dass nicht nur der Humor auf der
Strecke bleibt, sondern auch fast jeglicher kluge Kommentar zum Thema
Faschismus. Und das sollte in keinem Film mit Nazis fehlen. Auch nicht, wenn
sie vom Mond kommen.
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