DIE HÜTER DES LICHTS
(Rise of the Guardians)
USA 2012
Dt. Erstaufführung: 29.11.2012
Regie: Peter Ramsey
(Rise of the Guardians)
USA 2012
Dt. Erstaufführung: 29.11.2012
Regie: Peter Ramsey
Animation, jene Kunstform, die im Grunde wirklich alles auf
die Leinwand bringen kann, was sich Menschen zu erträumen im Stande sind, hat
einen schweren Stand. Nicht, dass die so produzierten Filme kein Geld
einspielen, im Gegenteil. Es geht vielmehr um künstlerische Anerkennung über
die Fanbase hinaus. Ähnlich wie Comics im Literaturbetrieb werden
Animationsfilme im Kino immer noch fast immer mit dem Zusatz „für Kinder“
verknüpft, egal wie reich an Themen, Interpretationen oder schlichtem
Unterhaltungswert sie auch sein mögen. Und das ein sich explizit an Erwachsene
richtender Film wie #9 mit gerade mal
drei Kopien in ganz Deutschland startet, trägt nur weiter zum oftmals
deprimierenden Bild bei. Die Hüter des
Lichts startete mit mehr Kopien und trotz der teilweise furchtbaren
Vorschauen ist dies eine der angenehmen Überraschungen, für die Animationsfilme
jenseits von Disney in der letzten Zeit zunehmend gut sind.
Die Welt und mit ihr die Unschuld der Kinder aller Kontinente
ist in Gefahr: Pitch Black, der „schwarze Mann“ (Boogeyman) fordert sein Recht
ein, von allen gefürchtet und als Entität ernst genommen zu werden – wie einst
im Mittelalter. Dies wollen die Hüter des Lichts verhindern, denn schließlich
sind sie dazu da, die Kinder der Erde zu beschützen. Zu dem illustren Team
gehören ein mit Schwertern hantierender, tätowierter, russischer Weihnachtsmann,
ein australischer Osterhase, eine hyperaktive Zahnfee und ein stummer Sandmann.
Aber die Bedrohung durch Pitch ist so groß, dass der Mann im Mond einen neuen
Hüter auswählt: den jungen Jack Frost, dessen Vergangenheit ein großes Rätsel
ist und der zunächst gar keine Ambitionen verspürt, dem Team der
Mythengestalten beizutreten…
Die Hüter des Lichts
gelingt eine stimmige Neuinterpretation der bekannten Gestalten, die gleichermaßen
wild, frisch und altmodisch daherkommt. Und letzteres auch nur, weil der Film
sich einen kindlich-naiven, aber nicht uneffektiven Sinn für Emotionalität
bewahrt. Regisseur Peter Ramsey sieht keinen Sinn darin, den Film mit
popkulturellen Verweisen zu pflastern und wenn er an einfachste Glücksgefühle appellieren
will, dann tut er das ohne Rücksicht auf möglicherweise zynische Kommentare.
Wie seine Figuren will der Film eine Aura der Unschuld bewahren, die vielleicht
erst wirklich durch den retrospektiven Blick des Erwachsenen entsteht, aber
dadurch ja nicht weniger wert ist. Gerade in einer Welt der (gefühlten)
Bedrohungen ist Die Hüter des Lichts
eine willkommene Sehnsuchtsfantasie.
So behandelt der Film seine Charaktere auch nicht wie
austauschbare Actionhelden sondern gibt ihnen nachvollziehbare Gefühle mit auf
den Weg. Jack Frost bekommt eine gewisse tragische Bandbreite, ebenso wie –
erstaunlich – Pitch, der nicht grundlos böse ist und durchaus kluge Frage zum
Gleichgewicht der Kräfte aufwirft. Würde der Film nicht auch auf ein Publikum
ab sechs Jahren schielen (auch wenn zehn sicherlich die bessere
Altersuntergrenze für den stellenweise düsteren Film wäre), hätte man auch auf
das Drag Me To Hell-Ende verzichten
können, dass durch die Personalisierung der Angst zwar auf der einen Seite
nötig ist, auf der anderen Seite aber vorher durch die Relativierung der Furcht
bereits obsolet gemacht wurde. Pitch hätte auch weiter existieren können,
seiner Macht wurde er bereits beraubt.
Die anderen Protagonisten sind gleichberechtigt und der Schmerz, der sich auf dem Gesicht des Osterhasen abzeichnet, als die Kinder nicht mehr an ihn glauben, ist nur ein weiteres Beispiel dafür, wie wohltuend ernst der Film seinen emotionalen Kern nimmt. Ansonsten bewegt sich das Werk mit teils halsbrecherischen Tempo fort und hält den Takt auch über den ganzen Film. Es gibt keinen Moment, der den Film ausbremst und die ruhigen Sequenzen dienen der Charakterentwicklung und nicht als Ruhe-vor-dem-Sturm-Kunstgriff.
Der bereits mehrfach aufgekommene Vergleich von Die Hüter des Lichts und Marvel’s The Avengers ist nicht ganz
zutreffend: Die Hüter des Lichts hält
das Interesse über die ganze Lauflänge und ist weit weniger selbstverliebt.
Weihnachtsmann gegen Captain America 1:0, sozusagen. Vielmehr ist diese DreamWorks-Produktion ein weiterer
Beweis dafür, dass das Studio seine rebellisch-anstrengende Shrek-Zeit überwunden hat und auch Filme
ohne Disney-Bashing inszenieren kann, die – und das ist wohl ihr größter
Verdienst – emotionale Disney-Formeln aufgreifen und sie so frisch darbieten,
dass sie nicht altbacken wirken. So war es bei Drachenzähmen leicht gemacht und Megamind und nun auch hier. Die
Hüter des Lichts ist massiv unterhaltsam, liebevoll und rasant. Und den
interessanten Subtext gibt es als Dreingabe.
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