THALE – EIN DUNKLES
GEHEIMNIS
(Thale)
Norwegen 2012
Dt. Erstaufführung: 30.11.2012 (DVD-Premiere)
Regie: Aleksander Nordaas
Dt. Erstaufführung: 30.11.2012 (DVD-Premiere)
Regie: Aleksander Nordaas
Geht man nach dem Klischee, dann sind
die skandinavischen Wälder voll mit mysteriösen Kreaturen, die dem Menschen mal
mehr, mal weniger wohlgesonnen sind. Und da augenscheinlich niemand aus dem
erwachsenen Publikum einen Film über wohlmeinende Heinzelmännchen sehen möchte,
tendiert man bei der kinotauglichen Folklore-Aufarbeitung zur letzteren
Kategorie. Thale ist da keine
Ausnahme, auch wenn der werbewirksame Verweis auf den verdienten Exportschlager
Trollhunter hinkt. Mit der aufwendig
produzierten, augenzwinkernden Mockumentary hat der Low-Budget-Film Thale nicht mehr zu tun als das
Entstehungsland Norwegen und den besagten folkloristischen Hintergrund.
Sehenswert aber ist auch er.
Die beiden Tatorteiniger Elvis (Erlend Nervold) und Leo (Jon
Sigve Skard) werden zu einer entlegenen Waldbehausung in der norwegischen
Wildnis geschickt, um dort nach dem Tod des Eigentümers ihrem Beruf
nachzugehen. Im Keller entdecken sie, gut versteckt, ein gleichsam provisorisch
wie professionell anmutendes Labor, in dem sie schnell auf ein Lebewesen
stoßen: Thale (Silje Reinåmo). Doch Thale ist trotz ihres attraktiven Äußeren
kein Mensch, sondern eine Huldra, eine Art Sirene aus der skandinavischen
Mythologie. Und da ihr Ziehvater nun tot ist, ruft dies ihre wildlebenden Verwandten
auf den Plan…
Gedreht mit einem winzigen Budget, mit Aleksander Nordaas
als Regisseur, Drehbuchautor, Produzent, Kameramann, Schnittmeister und
Bühnenbildner in Personalunion und hauptsächlich im elterlichen Keller
entstanden, ist Thale weitaus besser,
als man bei so einem Setup erwarten dürfte. Nordaas weiß um die Beschränkungen,
denen er unterliegt, und nutzt diese zu seinem Vorteil. Geschickt suggeriert er
eine Welt, die sehr viel größer ist als jene, in der Elvis und Leo leben. Thale reißt vieles an, ohne sich in
ausführlichen Erklärungen zu ergehen und dies kommt hier dem Film zugute. Es
geht, natürlich, auch um Verschwörungen, um finstere Machenschaften, die im
Hintergrund ablaufen, aber Nordaas bleibt so konsequent bei seinen
Protagonisten, dass auch der Zuschauer nicht die gesamte Bandbreite des Geschehens
abschätzen kann. So bewahrt sich der Film eine im besten Sinne mysteriöse Aura.
Ein Low-Budget-Werk wie Thale kann
die ungeheuerliche Welt der Huldras nur anreißen, sie aber nicht ganz
durchdringen und es hilft dem Film deutlich beim funktionieren.
Thale kombiniert
Fantasy, Horror, Mystery und trockenen Humor. Leo hat sich größtenteils dem
Nihilismus ergeben und schaut mit einem gewissen Zynismus auf die Welt, während
Elvis noch versucht, sein Leben zu ordnen. Silje Reinåmo ist derweil über weite
Teile des Films (halb)nackt, ohne dass dies zu einem unpassenden erotisierenden
Effekt verkommt. Ohne Worte gelingt es Reinåmo so, eine ambivalente Sphäre um
sich selbst zu generieren. Man ist nie ganz sicher, was diese Huldra als
nächstes Tun wird, ob ihre menschliche Sozialisation (soweit man davon reden
kann) oder die eher gefährliche Natur ihrer Verwandten aus den Wäldern die
Oberhand gewinnen wird. So hält Nordaas den Zuschauer auch hier gekonnt in der
Schwebe und schafft es, die Spannung aufrecht zu erhalten.
Man sieht Thale
an, dass er ein geringes Budget hatte, aber Nordaas unbestreitbares Talent, aus
wenig viel herauszuholen, hebt den Film weit über den Durchschnitt. Wenn man
unbedingt möchte, kann man die computergenerierten Effekte bemängeln, die aber
nur in Nahaufnahmen weniger funktionell daherkommen. Werden sie im Hintergrund
eingesetzt, sind sie äußerst effektiv. Atmosphärisch dicht ist Thale eine unerwartete Überraschung. Mit
seinem ganz eigenen Spleen ist Nordaas Film sicher nicht jedermanns Sache, aber
wenn man sich am Ende dabei ertappen sollte, über die Dimensionen der
Lebensvielfalt auf der Erde nachzudenken, kann man nur sagen: Hut ab,
Low-Budget-Film.
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