NUR DIE PFLANZE WAR ZEUGE
(The
Kirlian Witness aka The Plants Are Watching)
USA 1978
Dt.
Erstaufführung: 16.09.1981 (TV-Premiere)
Regie: Jonathan
Sarno
Eine Theorie:
Irgendwann in den 1970er Jahren rauchte der angehende Regisseur Jonathan Sarno
irgendein pflanzliches Mittelchen und fragte sich unter dessen Einfluss dann,
was wäre, wenn er die betreffende Pflanze vorher zu diesem Vorhaben befragt
hätte. Hätte sie ihr Okay zum angestrebten Rausch gegeben oder hätte sie ihm
geraten, Nein zu Drogen zu sagen? Klingt das wirr? Dann eröffnet es einen
kleinen Einblick, was den Zuschauer in seinem Regiedebüt (und er hat seitdem
kaum weitere Filme inszeniert) Nur die
Pflanze war Zeuge erwartet. Es ist eine jener 70er-Jahre-Obskuritäten, von
denen man sich mindestens heute fragt, wie sie überhaupt in Produktion gehen
konnten, wie man den Ehrgeiz aufzubringen vermochte, das Projekt mit ernster
Miene bis zum Schluss durchzuziehen. Das ist alles denn auch jenseits der
cineastischen Freakshow weniger von Interesse, reizt diesen Anziehungspunkt
aber immerhin so bis zum Anschlag aus, dass es eine skurrile Freude ist.
Die Schwestern
Laurie (Nancy Boykin) und Rilla (Nancy Snyder) leben in New York in der
gleichen umgebauten ehemaligen Fabrik in Soho. Während Rilla mit ihrem Freund
Robert (Joel Colodner) offen zusammen ist, verheimlicht Laurie den Ihrigen,
Dusty (Ted LaPlat). Sie interessiert sich sehr viel mehr für die Pflanzen in
ihrem Geschäft, so sehr, dass sie überzeugt ist, mit ihnen kommunizieren zu
können. Als Laurie von Rilla tot auf dem Dach des Gebäudes gefunden wird,
findet auch diese Gefallen an der Idee und versucht mithilfe des bei Lauries
Tod anwesenden Rhododendron, das Rätsel aufzuklären …
Eins muss man Nur die Pflanze war Zeuge zugutehalten:
er ist besser als der moderne Pflanzen-Thriller The Happening (was wahrscheinlich keine große Kunst darstellt). Ob
sich M. Night Shyamalan von Sarnos Werk inspirieren ließ, ist fraglich, fest
steht jedoch, dass der 1978 entstandene Film so sehr in seiner eigenen Welt
aufgeht, dass man diesen Elan ein Stück weit bewundern muss. Er macht keinen
Hehl daraus, dass die Prämisse seltsam ist (die Bücher zu Pflanzenkommunikation
stehen auch hier in der Buchhandlung unter dem Stichwort „Okkultes“), nimmt
aber die Idee der real existierenden „Kirlianfotografie“ (die durchaus kunstvolle,
eindeutig in die Zeit passende Bilder produziert) im umgedeuteten Sinne der
Handlung so ernst, dass man ständig zwischen Lachen und Staunen schwankt.
Irgendwann ist die Verbindung zwischen Mensch und Rhododendron dann auch so
stark, dass Rilla klare Projektionen in ihren Kopf geschickt bekommt. Um die
Frage, wie die Pflanze derlei Dinge wie Gesichter etc. überhaupt wahrnehmen,
geschweige denn bildlich reproduzieren kann, laviert sich der Film großzügig
herum. Ist nicht wichtig. Smoke da herb.
Irgendwo zwischen
Gaia-Theorie und okkultem Humbug changierend, nehmen auch die Schauspieler ihre
Rollen sehr ernst. Niemand der vier Protagonisten kommt auf die Idee, sich aus
der seriösen Ecke zu befreien, was dem Film auf verquere Weise ebenfalls gut
steht. Im festen Glauben, dass Murder Mystery wäre überhaupt eins, knurren sich
die Männer unheilsvoll an, während Rilla mit gediegener Stimme die Geschichte
und ihr Schicksal per Voice-Over leichtnimmt
Dusty ein Bad in Rillas Wanne, obwohl er eigentlich nur die Rohrleitungen
überprüfen wollte. Whatever. Zum
Schluss ist es auch völlig egal, warum manche Dinge passieren, wie fragwürdig
einige Reaktionen sind oder wie brüchig bis nicht vorhanden Erklärungen daherkommen,
die Darsteller gehen so in ihren Rollen auf, wie man es nie von einem Film
namens Nur die Pflanze war Zeuge
erwartet hätte.
Als Zeitdokument
bezeichnend, als Film herrlich obskur und melancholisch (wenn auch trotz der
überschaubaren Laufzeit etwas langatmig) und als Sammlerobjekt sicherlich
begehrt (ich konnte den Film dank einer alten VHS-Aufnahme sehen, offiziell auf
DVD erschienen ist er bisher lediglich in einer Burn-on-demand-Fassung beim US-Amazon), ist Nur die Pflanze war Zeuge einer jener Filme, den man in erster
Linie aufgrund der hanebüchenen Inhaltsbeschreibung sieht, um dann
festzustellen, dass das Ganze nicht in dem Maße durchgeknallt ist, wie man es
erwartet hätte. Oder doch? Oder nicht? Nur
die Pflanze war Zeuge ist kein heimliches Meisterwerk, wohl aber eine
groteske Rarität, die mehr Blicke verdient, als es „objektiv“ wohl
gerechtfertigt wäre. Wer hätte das von einem telepathischen Rhododendron, der
einen Mordfall mit aufklärt, wohl jemals erwartet?
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