Montag, 18. August 2014

Planet der Affen - Revolution (2014)




PLANET DER AFFEN – REVOLUTION
(Dawn of the Planet of the Apes)
USA 2014
Dt.
Erstaufführung: 07.08.2014
Regie: Matt Reeves

Das Mensch und Menschenaffe äußerst nahe Verwandte sind, ist ja immer wieder beschämend - für den Affen. Wer würde schon gern mit Cousins zu tun haben, die einem beharrlich die Intelligenz und das Einfühlungsvermögen absprechen? Solche Überlegungen wurden 2011 in Planet der Affen - Prevolution verhandelt, dem, es muss einfach mal gesagt werden, besten Teil der Saga seit 1968 Pierre Boulles Roman zum ersten Mal als Vorlage zu einem Blockbuster diente. Das Reboot war nicht nur intelligenter, sondern auch ruhiger als der gängige US-Sommerhit. Bis zur Entladung des gerechten Zorns auf der Golden Gate Bride in San Francisco war Prevolution ziemlich sparsam mit dem Einsatz von gängigen Adrenalinfördernden Maßnahmen, zumindest nach dem Maßstab des Blockbusterkinos. Der Fokus lag vielmehr auf dem endgültigen Erwachen einer nicht-menschlichen Intelligenz und der Film wurde dadurch nur umso stärker.
Viel Vertrauen hatten die Marketingspezialisten von 20th Century Fox allerdings nicht in das Projekt, nach immer schlechter werdenden Originalfilmen und einem wahrlich grausigen Remake-Versuch von Tim Burton hatte der Name Planet der Affen keinen guten Klang mehr. Dementsprechend niedrig war das Werbeetat, Prevolution wurde regelrecht versteckt. Doch da sich Qualität manchmal durchsetzt wurde der Film zu einem Überraschungshit und die Fortsetzung, die sich aufgrund des Endes geradezu aufzwang, bekam grünes Licht. Das Ergebnis, Planet der Affen - Revolution, fällt zwar etwas hinter dem Setup ab, offeriert aber immer noch ein gelungenes Filmerlebnis, wenngleich man nach dramaturgischen Kniffen vergeblich sucht.

Zehn Jahre sind vergangen, seit der im Labor geborene Virus, der eigentlich degenerative Hirnerkrankungen heilen sollte, entwich und sein wahres Gesicht zeigte: Während er Menschenaffen intelligenter machte, raffte er Menschen schlicht dahin. Caesar (Andy Serkis), der Ausgangspunkt für die Befreiung der Affen aus dem Raum San Francisco, lebt inzwischen mit den Seinen im Wald außerhalb der Stadtruinen. Die äffische Kultur entfaltet sich und die Menschen wurden seit zwei Jahren nicht mehr gesichtet, gelten also als ausgestorben. Dies muss revidiert werden, als eines Tages Malcolm (Jason Clarke) und eine Handvoll anderer menschlicher Überlebender vor Caesar und seiner Sippe stehen: sie kommen aus den nahe gelegenen Resten San Franciscos und wollen einen im Wald gelegenen Staudamm wieder in Betrieb nehmen, um ihre Enklave mit Strom zu versorgen. Auf beiden Seiten herrscht Skepsis, ob man der jeweils anderen Partei trauen kann, doch schließlich entscheidet sich Caesar dazu, den Menschen zu helfen. Das weckt nicht nur das Misstrauen von Dreyfus (Gary Oldman), der zusammen mit Malcolm als Bürgermeister der Menschenkolonie fungiert, sondern auch von Caesars rechter Hand Koba (Toby Kebbell), der als ehemaliges Versuchstier nur das Böse im Homo sapiens sieht...

Es ist gleichzeitig Segen und Fluch: die Affen sind selbstredend das Interessanteste am ganzen Film. Damit ist gar nicht die - absolut hervorragende - Technik gemeint, mit der Andy Serkis und Co. ihr Schauspiel auf digitale Avatare übertragen konnten und die sich seit dem letzten Affen-Film nochmals verbessert hat, sondern auch die Entwicklung ihrer Gesellschaft. Man wird sofort in diese Kultur hineingezogen, in dieses gelichzeitig vertraute wie fremdartige Gebaren von Spezies', die uns so nah sind, dass es für manchen Zeitgenossen bereits zu erschreckend ist. Die Welt der mit Gesten und Mimik kommunizierenden Affen ist vom ersten Moment an so stark, dass die Menschen im doppelten Sinne wie Eindringlinge wirken - sie stören nicht nur die Kreise der nicht-menschlichen Charaktere, sondern auch die wunderbare Narrative von der aufstrebenden Kultur. Nun gut, es ist das Gesetz des Spielfilms, dass hier greift, nur leider wird den menschlichen Protagonisten bis zum Schluss das Manko der Farblosigkeit anhaften. Es mag daran liegen, dass das Fremde im Film immer etwas faszinierender daherkommt als das Bekannte, aber die Versuche, Malcolm und die Seinen interessant zu machen, wirken eben genau so: wie Versuche, die eher halbherzig daherkommen. Man streut einen kleinen Dialog über eine tote Tochter oder eine tote Frau ein, lässt den bemerkenswert unterbeschäftigten Gary Oldman kurz seine Filmsöhne beweinen und meint dann, es wäre damit erledigt. Man wird regelrecht unruhig, sobald sich der Film länger ausschließlich den Menschen widmet - man will einfach mehr von Caesar sehen. Selbst ein normaler Alltag wäre genug, weil man sich eben so gern in den Sog der Darstellung von Evolution begibt.

So mag man konstatieren, dass die Mensch/Affe-Beziehungen in Prevolution besser funktionierten, dem allgemeinen Unterhaltungswert tut dies kein Leid an. Revolution ist mit etwas über zwei Stunden zwar (notorisch) etwas zu lang geraten und der 3D-Effekt wird in keinster Weise genutzt, aber dennoch bewegt sich der Film flott genug, dass kein Leerlauf aufkommt. Es ist ein bisschen wie bei James Camerons Kassenschlager Avatar - Aufbruch nach Pandora: eine hinlänglich bekannte Geschichte, die dramaturgisch keinerlei Überraschungen bietet, wird so involvierend erzählt, dass man diesen Punkt wohlwollend übersehen kann. Man muss nur eine Handvoll Blockbuster gesehen haben, um die Wege, die das Drehbuch einschlagen wird, vorauszusehen: der Verrat, das Dilemma, die Konfrontation, der Sündenfall - Revolution funktioniert narrativ wie eine Blaupause für das Mainstream-Kino.

So sind es die Nuancen, mit denen Regisseur Matt Reeves (Cloverfield) die Dramaturgie aufpeppt, die, ähnlich wie die Affen-Protagonisten an sich, eine nicht unerhebliche Faszination ausüben. Kobas Camouflage etwa, die zwei Wachleute in Sicherheit wiegen soll, kleine Momente der Annäherung zwischen den Arten und schließlich eine einfaches, aber großartiges visuelles Bonmot, wenn Malcolm als Mensch langsam im Schatten verschwindet, um die Bühne den Affen zu überlassen. Der erzählerischere Kreis schließt sich hier im Übrigen auch nicht weiter als bei Prevolution, die Ansatzpunkte für eine Fortsetzung sind Legion und Caesar hat bestenfalls einen Etappensieg (oder Etappenniederlage, es hängt vom Standpunkt ab) erreicht.

Planet der Affen- Revolution ist ein Spektakel, ohne Frage, eine Leistungsschau der Tricktechnik, vom Aufbau und Durchführung leicht goutierbar und deutlich mehr auf ein besonders großes Publikum schielend als sein Vorgänger. Doch es ist auch ein Film mit mehr Denkanstößen als der übliche Popcornüberflieger, der Evolutionstheorien wie die "Zivilisation aus dem Flaschenhals" ebenso einfließen lässt wie Überlegungen zu Machtverhältnissen und Kulturgeschichte. Revolution bleibt das Fortsetzungsschicksal  wie dereinst dem leicht kruden Rückkehr zum Planet der Affen erspart und das mag für manchen Fan schon der guten Nachrichten genug sein.



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