DAS RELIKT - MUSEUM DER ANGST
(The Relic)
USA 1997
Dt.
Erstaufführung: 01.05.1997
Regie: Peter
Hyams
Wenn die
Filmkritik ernst genommen werden will, muss sie frei von Anekdoten, frei von
dem Eingeständnis sein, nicht objektiv daher zu kommen. So scheint es
zumindest. Die Analyse kann noch so durchdacht sein, sobald sich der Rezensent
auf eine privatere, persönliche Ebene „hinab begibt“ umweht sie der diskrete
Duft der Unprofessionalität, zumindest im deutschsprachigen Raum, nicht zuletzt
durch die in ihren Anfangszeiten extrem biederen Besprechungen der katholischen
Filmarbeit. Ein Roger Ebert, der gern auch mal im jovialen Ton über einen Film
sprach und – das klassische Bildungsbürgertum darf nun zusammenzucken – gern
Scherze einbaute, scheint auch im Jahr 2015 noch ein Ding der Unmöglichkeit zu
sein, gerade im Hinblick auf die etablierten Medien. Man kann dies bedauern
oder in dem eigenen bescheidenden Rahmen versuchen, daran etwas zu ändern. Denn
eins zeigt die stetig wachsende Zahl der Internetkritiker, die mit einem gewissen
Anspruch an ihr Sujet herangehen, deutlich: die Sphären der vermeintlich
objektiven Kritik und die der subjektiven Erfahrung sind verschmelzbar, ohne
einen eklatanten Qualitätsverlust in Kauf nehmen zu müssen. Was hat dies alles
nun als Einleitung zu einem Monsterfilm auf den späten 1990er zu suchen? Ganz
einfach: für mich war Das Relikt
einer der ersten Filme, die ich mit der entsprechenden Altersfreigabe gesehen
habe und er war bis dato einer der gewalttätigsten, aber auch spannendsten
Filme an meinem stetig wachsenden Horizont. Das Entdecken von Klischees brachte
mir Freude, ebenso der Vergleich mit der lesenswerten Romanvorlage von Douglas
Preston und Lincoln Child. Ich habe Das
Relikt oft gesehen und auch meine Freunde genötigt, ihn zu sehen, ich wollte
den Film teilen. Darum sei es mir verziehen, dass der von Peter Hyams
inszenierte Film hier besser davonkommt, als er es wohl verdient hat. Das Relikt ist standardisierte
Genrekost, keine Frage, aber er hat nun mal einen besonderen Platz in meinem Herzen,
das die Aufregungen eines Sechszehnjährigen noch nicht komplett verdrängt hat.
Im Museum für
Naturkunde in Chicago stirbt ein Wachmann auf besonders brutale Weise – ihm
wird das Gehirn aus dem Schädel entfernt. Als ein gesuchter Obdachloser in den Museumskatakomben
erschossen wird, scheint der Fall geklärt, zumal eine große
Ausstellungseröffnung ins Haus steht und der Museumsleitung negative Publicity
gar nicht gelegen kommt. Die Bedenken des abergläubischen Polizisten D’Agosta
(Tom Sizemore) werden ignoriert, bis am Eröffnungsabend plötzlich alles schief
geht, was nur schief gehen kann und sich eine Gruppe Eingeschlossener bald mit
der Tatsache konfrontiert sieht, dass eine bisher unbekannte Kreatur Jagd auf
sie macht…
Das Relikt ist dahingehend ungewöhnlich,
als dass es seinem Antagonisten einen Grund für seinen Appetit auf Menschen
gibt: das Monster ist de facto ein Drogenabhängiger, der die im menschlichen
Gehirn produzierten Hormone braucht. Die Erklärung ist sogar noch
weitreichender und beinhaltet eine durchgeknallte, Fuck-you-Science-Konstruktion über Mutationen und Hormone, die
gleichzeitig Monster erschaffen und sie am Leben erhalten (und ihnen
augenscheinlich Detailinformationen über den menschlichen Körpern
implantieren). Es ist besser, wenn man nicht zu sehr über die Unmöglichkeiten
nachdenkt als sich lieber ganz in die sympathisch altmodisch gestaltete
Geschichte zu geben. Im eng gesteckten Rahmen eines Genrefilms ist die Mär vom
Drogenmonster nämlich besser als nichts oder etwas noch generischeres.
Das Relikt hat, bei allen Strapazen, die
diese Metapher mitgemacht hat, so tatsächlich etwas von einer Achterbahnfahrt:
es ist nüchtern betrachtet Quatsch, der nicht existieren müsste, macht aber
dennoch unter gegebenen Umständen viel Spaß. Nicht unerheblich daran ist Hyams
Gespür für Atmosphäre, dass er als sein eigener Kameramann zudem auch
ansprechend bebildert. Oft ist man nah dran an den Figuren, denen ob der
angespannten Situation auch mal der Schweiß auf der Stirn stehen darf, und dennoch
verliert man nie den Überblick über das Geschehen. Einzig im dritten Akt kann
man ins grübeln kommen, an wie vielen Orten das Monster mehr oder weniger
gleichzeitig auftritt: egal ob im ebenerdigen Labortrakt oder der großen
Ausstellungshalle oder in den unterirdischen Kohletunneln – das Wesen, das auf
den Namen Kothoga hört, ist stets vor Ort, um vielen Charakteren buchstäblich
eine Last von den Schultern zu nehmen (und dann natürlich nicht die Gehirne zu
fressen – man kennt so etwas ja aus Gareth Edwards Godzilla – Filmkreaturen haben nur eine vorgeschobenen Hunger). Man
merkt, man kann Das Relikt kaum ohne
eine gewisse Ironie besprechen, dafür sind die vielen Klischees zu
offensichtlich, aber es sollte auch nicht vergessen werden, wie effektiv Hyams
die schnörkellose Geschichte in Szene setzt – trotz Jump Scares aus dem 1:1 des
Horrorfilms und launigen Onelinern. Es gibt genügend Sequenzen, die genuin
spannend sind und die praktischen Monstereffekte aus dem Hause Stan Winstons
sind gewohnt gut und werden durch annehmbare Computereffekte unterstützt (man
hat Ende der 90er schlimmeres gesehen).
Das Relikt weiß mit jeder Faser seiner
Existenz um sein Dasein als Film mit der simplen Prämisse „Monster mit Appetit
nachts im Museum“ (Ben Stiller ist leider nicht zugegen, um aus der Sicht von
1997 vorsorglich gefressen zu werden) und tut niemals, er wäre mehr als die
Summe seiner Teile. Diese Teile sind allerdings so sicher inszeniert und das
Ergebnis so ehrlich-unterhaltsame Genrekost, dass Das Relikt besser daherkommt als sein Ruf als ereignisloses
Creature-Feature. Sicher, man wird kaum neues entdecken in diesem wilden Trip
der rollenden Köpfe, aber er ist in dem ihm gegebenen Rahmen eines der besseren
Beispiele für den Monsterfilm, vielleicht auch, weil er sich atmosphärisch an
die Klassiker der 1950er anlehnt. Spricht da wieder mein 16-jähriges Ich?
Womöglich, aber es kann nun mal einem guten Monsterfilm nicht widerstehen, auch
nicht im Körper eines 30-jährigen.
Ich kann deine Begeisterung für den Film durchaus nachvollziehen. Auch einer meiner liebsten Monsterfilme. Alleine, dass man Pendergast gestrichen hat, verzeihe ich den Machern nicht...
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