Sonntag, 22. März 2015

Willow Creek (2013)




WILLOW CREEK
USA 2013
Regie: Bobcat Goldthwait
Dt. Erstaufführung: [bisher nicht in Deutschland veröffentlicht]

Für Monsterfans und Kryptozoologen (was eigentlich gleichbedeutend ist) wären die Independentproduktionen Willow Creek und Letters from the Big Man ein lohnendes, auf jeden Fall ein interessantes Double-Feature. Beide behandeln die Legende vom nordamerikanischen Bigfoot, beide allerdings auf sehr unterschiedliche Weise. Und beide haben vorher augenscheinlich ein bisschen Recherche betrieben, verarbeiten sie doch diverse Aspekte, die in der Fachliteratur erwähnt werden, in der generellen „Berichterstattung“ über den Riesenprimaten aber verloren gehen. Letters spielt mit dem Gedanken, dass Bigfoot ein vernunftbegabtes Wesen ist, dass aber außerhalb unserer fassbaren Realität existiert, während sich Willow Creek auf die – nun, seien wir ehrlich – reißerischen Aspekte der Geschichte konzentriert. So kommt es denn auch dazu, dass Letters ein ungewöhnliches Filmerlebnis darstellt, während man hier nur leicht goutierbare Durchschnittsware serviert bekommt. Willow Creek ist nicht der schlechteste Found-Footage-Film auf dem Markt, aber in der Verbindung zwischen Stilmittel und mythologischem Monster wäre wohl etwas mehr drin gewesen. Die unterschwellige Komik, die sich auch in der Hauptterrorszene manifestiert, darf man derweil wohl als nur halb unfreiwillig erachten, bewies Regisseur Bobcat Goldthwait doch mit World’s Greatest Dad und God Bless America bereits zuvor seinen Hang zum abseitigen Humor.

Das junge Pärchen Jim (Bryce Johnson) und Kelly (Alexie Gilmore) machen sich auf in den Six Rivers National Forest und heften sich an die Spur von Patterson und Gimlin, jenen zwei Männern, die 1967 die wohl berühmteste Aufnahme eines angeblichen Bigfoots gemacht haben – jene, in der ein Gorillartiges Wesen mit bestimmten Schritt an den Ufern des Bluff Creek vor dem Objektiv der beiden Jäger zu entkommen versucht. Jim möchte eine Dokumentation über ihre Suche drehen, ergo läuft ihre Kamera immer mit, wenn sie über die (Un-)Möglichkeit der Existenz von Bigfoot reden, die vielen Wege erkunden, aus der Legende Geld zu generieren und wie sie sich schließlich in den Wald schlagen, um den Originalschauplatz des Patterson/Gimlin-Film zu suchen. In der Nacht werden sie von seltsamen Geräuschen geweckt und es wird schnell unmissverständlich klar, dass der dichte Wald bei weitem kein sicherer Ort ist...

Allein durch das Setting ist Willow Creek regelrecht dazu verdammt, bisweilen wie ein Echo des Blair Witch Projects daherzukommen. Junge ambitionierte Filmemacher gehen in den Wald, werden mit unheimlichen Geräuschen und Begebenheiten konfrontiert und am Ende bleibt die Kamera einsam auf dem Boden liegen und hofft darauf, irgendwann von irgendjemanden gefunden zu werden, der die Aufnahmen dann „an die Öffentlichkeit“ bringt. Dramaturgisch bietet Willow Creek dem Zuschauer einen wohligen Mantel des Erwartbaren an, wer Innovationen sucht, ist hier definitiv fehl am Platz. Mit in den Ring werden vernachlässigbare Aufnahmen von Einheimischen geworfen, die irgendwie um die Gefahren im Wald wissen und das Pärchen aufzuhalten versuchen. Es ist was faul im Staate Kalifornien. Auch ist es nett von Bigfoot, sich gleich in der ersten Nacht so eindeutig zu erkennen zu geben – wie viele Menschen mögen schon in Sasquatch-Wäldern gecampt haben, ohne auch nur die Spur eines Beweises mit nach Hause bringen zu können. Doch wenn eine Kamera dabei ist, wittert der große Kerl, auch im Hinblick auf die endliche Akkulaufzeit, augenscheinlich seine Chance, ein Horrorfilm-Bewerbungsvideo inszenieren zu können.
Das ist im Untergrund genauso albern, wie es sich liest, funktioniert auf der „primitiven“ Angst-Ebene aber zumindest auf annehmbare Weise. Man ist vom echten Terror in Willow Creek stets entfernt, aber immerhin das Ende ist einigermaßen bösartig und grauenvoll. [Achtung, es folgen Spoiler zum Filmende] In von der US-amerikanischen Regenbogenpresse dankbar aufgenommenen Gruselgeschichten entführt Bigfoot manchmal menschliche Frauen, um sie – schönfärberisch ausgedrückt – zu seinen „forest brides“ zu machen. Kelly und Jim stoßen am Ende auf eine ebensolche, die sie in der Stadt noch auf einem Vermisstenplakat gesehen hatten, dann greift etwas aus dem Off an, tötet Jim und nimmt Kelly gefangen. Der Chor der Bigfoots, der danach einsetzt, kündigt demnach wohl so etwas wie eine Massenvergewaltigung durch die Kreaturen an – wenn das nicht eine genrekonforme Scheußlichkeit ist. [Spoiler aus.]

Was hat Willow Creek, abgesehen vom Ende, also außer den üblichen Found-Footage-Klischees zu bieten? Getragen wird der Film von seinen beiden Hauptdarstellern, die ihn denn auch vor einem Totalausfall bewahren. Kelly und Jim sind sympathisch, ihre Gespräche und ihr ganzes Verhalten wirkt authentisch, sie reden miteinander, wie es Pärchen nun einmal tun und verleihen dem Film so eine Erdung, die beispielsweise Cloverfield durch seine enervierenden Charaktere nie erreichte. Willow Creek ist ein moderner Horrorfilm, in dem man nicht möchte, dass die Figuren den Tod oder ein anderes grausames Schicksal finden. Das ist für eine Low-Budget-Produktion, in der des Nachts ein in seinen Verhaltensweisen deutlich an den Gorilla angelehnte Bigfoot gegen Zelte drückt, durchaus eine Leistung. Die vielzitierten Räder bekommen von Goldthwait kein neues Design, drehen sich aber immerhin so zuverlässig, dass Willow Creek zumindest für Genrefreunde und Bigfootfans einen Blick wert sein dürfte.




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