WILLOW CREEK
USA 2013
Regie: Bobcat
Goldthwait
Dt.
Erstaufführung: [bisher nicht in Deutschland veröffentlicht]
Für Monsterfans
und Kryptozoologen (was eigentlich gleichbedeutend ist) wären die
Independentproduktionen Willow Creek
und Letters from the Big Man ein
lohnendes, auf jeden Fall ein interessantes Double-Feature. Beide behandeln die
Legende vom nordamerikanischen Bigfoot, beide allerdings auf sehr
unterschiedliche Weise. Und beide haben vorher augenscheinlich ein bisschen
Recherche betrieben, verarbeiten sie doch diverse Aspekte, die in der
Fachliteratur erwähnt werden, in der generellen „Berichterstattung“ über den
Riesenprimaten aber verloren gehen. Letters
spielt mit dem Gedanken, dass Bigfoot ein vernunftbegabtes Wesen ist, dass aber
außerhalb unserer fassbaren Realität existiert, während sich Willow Creek auf die – nun, seien wir
ehrlich – reißerischen Aspekte der Geschichte konzentriert. So kommt es denn
auch dazu, dass Letters ein
ungewöhnliches Filmerlebnis darstellt, während man hier nur leicht goutierbare
Durchschnittsware serviert bekommt. Willow
Creek ist nicht der schlechteste Found-Footage-Film auf dem Markt, aber in
der Verbindung zwischen Stilmittel und mythologischem Monster wäre wohl etwas
mehr drin gewesen. Die unterschwellige Komik, die sich auch in der
Hauptterrorszene manifestiert, darf man derweil wohl als nur halb unfreiwillig
erachten, bewies Regisseur Bobcat Goldthwait doch mit World’s Greatest Dad und God
Bless America bereits zuvor seinen Hang zum abseitigen Humor.
Das junge Pärchen
Jim (Bryce Johnson) und Kelly (Alexie Gilmore) machen sich auf in den Six
Rivers National Forest und heften sich an die Spur von Patterson und Gimlin,
jenen zwei Männern, die 1967 die wohl berühmteste Aufnahme eines angeblichen
Bigfoots gemacht haben – jene, in der ein Gorillartiges Wesen mit bestimmten
Schritt an den Ufern des Bluff Creek vor dem Objektiv der beiden Jäger zu
entkommen versucht. Jim möchte eine Dokumentation über ihre Suche drehen, ergo
läuft ihre Kamera immer mit, wenn sie über die (Un-)Möglichkeit der Existenz
von Bigfoot reden, die vielen Wege erkunden, aus der Legende Geld zu generieren
und wie sie sich schließlich in den Wald schlagen, um den Originalschauplatz
des Patterson/Gimlin-Film zu suchen. In der Nacht werden sie von seltsamen
Geräuschen geweckt und es wird schnell unmissverständlich klar, dass der dichte
Wald bei weitem kein sicherer Ort ist...
Allein durch das
Setting ist Willow Creek regelrecht
dazu verdammt, bisweilen wie ein Echo des Blair
Witch Projects daherzukommen. Junge ambitionierte Filmemacher gehen in den
Wald, werden mit unheimlichen Geräuschen und Begebenheiten konfrontiert und am
Ende bleibt die Kamera einsam auf dem Boden liegen und hofft darauf, irgendwann
von irgendjemanden gefunden zu werden, der die Aufnahmen dann „an die
Öffentlichkeit“ bringt. Dramaturgisch bietet Willow Creek dem Zuschauer einen wohligen Mantel des Erwartbaren an,
wer Innovationen sucht, ist hier definitiv fehl am Platz. Mit in den Ring
werden vernachlässigbare Aufnahmen von Einheimischen geworfen, die irgendwie um
die Gefahren im Wald wissen und das Pärchen aufzuhalten versuchen. Es ist was
faul im Staate Kalifornien. Auch ist es nett von Bigfoot, sich gleich in der
ersten Nacht so eindeutig zu erkennen zu geben – wie viele Menschen mögen schon
in Sasquatch-Wäldern gecampt haben, ohne auch nur die Spur eines Beweises mit
nach Hause bringen zu können. Doch wenn eine Kamera dabei ist, wittert der
große Kerl, auch im Hinblick auf die endliche Akkulaufzeit, augenscheinlich
seine Chance, ein Horrorfilm-Bewerbungsvideo inszenieren zu können.
Das ist im
Untergrund genauso albern, wie es sich liest, funktioniert auf der „primitiven“
Angst-Ebene aber zumindest auf annehmbare Weise. Man ist vom echten Terror in Willow Creek stets entfernt, aber
immerhin das Ende ist einigermaßen bösartig und grauenvoll. [Achtung, es folgen Spoiler zum Filmende]
In von der US-amerikanischen Regenbogenpresse dankbar aufgenommenen
Gruselgeschichten entführt Bigfoot manchmal menschliche Frauen, um sie – schönfärberisch
ausgedrückt – zu seinen „forest brides“ zu machen. Kelly und Jim stoßen am Ende
auf eine ebensolche, die sie in der Stadt noch auf einem Vermisstenplakat
gesehen hatten, dann greift etwas aus dem Off an, tötet Jim und nimmt Kelly
gefangen. Der Chor der Bigfoots, der danach einsetzt, kündigt demnach wohl so
etwas wie eine Massenvergewaltigung durch die Kreaturen an – wenn das nicht
eine genrekonforme Scheußlichkeit ist. [Spoiler
aus.]
Was hat Willow Creek, abgesehen vom Ende, also
außer den üblichen Found-Footage-Klischees zu bieten? Getragen wird der Film
von seinen beiden Hauptdarstellern, die ihn denn auch vor einem Totalausfall
bewahren. Kelly und Jim sind sympathisch, ihre Gespräche und ihr ganzes Verhalten
wirkt authentisch, sie reden miteinander, wie es Pärchen nun einmal tun und
verleihen dem Film so eine Erdung, die beispielsweise Cloverfield durch seine enervierenden Charaktere nie erreichte. Willow Creek ist ein moderner
Horrorfilm, in dem man nicht möchte, dass die Figuren den Tod oder ein anderes
grausames Schicksal finden. Das ist für eine Low-Budget-Produktion, in der des
Nachts ein in seinen Verhaltensweisen deutlich an den Gorilla angelehnte
Bigfoot gegen Zelte drückt, durchaus eine Leistung. Die vielzitierten Räder
bekommen von Goldthwait kein neues Design, drehen sich aber immerhin so
zuverlässig, dass Willow Creek
zumindest für Genrefreunde und Bigfootfans einen Blick wert sein dürfte.
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