Donnerstag, 21. März 2013

S.O.S. - Ein spannender Sommer (2008)



 

S.O.S. – EIN SPANNENDER SOMMER
(S.O.S Svartskjær)
Norwegen 2008
Dt. TV-Erstausstrahlung: 07.08.2009
Regie: Arne Lindtner Næss

Die 12jährige Noora (Amina Hegvold Sanca) lebt mit ihrer Familie an einem Fjord in Norwegen. Argwöhnisch beobachtet sie die Erwachsenen, die die Seehunde dezimieren, weil diese angeblich all die Fische aus dem Fjord fressen. Verkompliziert wird die Sache, als Noora eines Tages ein verwaistes Seehundbaby findet. Aus Angst, die Erwachsenen oder ihr Freund Ludvik (Øyvind Haugland Vaktskjold) könnten dem Tier etwas antun, hält sie ihre Entdeckung für sich. Und als ob ein kleiner Seehund nicht schon genug wäre, fischt Noora auch noch ein verdächtiges Päckchen aus dem Meer, befestigt an einer Boje: Drogen! Und die Schmuggler sind bedrohlich nah…

S.O.S. – Ein spannender Sommer ist ein Thriller für Kinder und als solcher durchaus funktional, wenn auch nicht sonderlich originell. Positiv ist auf jeden Fall hervorzuheben, dass der Film explizit als Familienfilm funktioniert, Eltern, die ihn mit ihren Kindern sehen, sich nicht knapp 90 Minuten quälen müssen. Regieurgestein Arne Lindtner Næss umschifft so manche Klischee-Klippe (auch wenn er andere bestärkt) und zeichnet vor allem die Gegenspieler der Kinder nicht als Lobotomie-geschädigte Vollidioten, sondern als legitime Bedrohung. So kann der Film auch für ein erwachsenes Publikum durchaus ein wenig Spannung aufbauen. Kinder, vor allem solche mit gemäßigtem Filmkonsum in ihrer Altersklasse, dürften sich so manches Mal on the edge of their seats aufhalten.

Während der Thriller-Aspekt des Films hervorragend funktioniert, ist der Seehund-Subplot eher durchschnittlich. Seehund Selma fungiert über weite Teile nur als plot device, als simpler Aufhänger, damit Noora die Drogen finden kann und der Film vom Tierfilm zum Thriller umschwingen kann. Das Spannungsfeld Mensch/Tier im Kontext der Fischerei wird gestreift, aber zugunsten der eigentlichen Handlung dann so weit in den Hintergrund gedrängt, bis es schlicht ganz vergessen wird. Selma kann, nachdem sie geholfen hat, den waffenbegeisterten Ludvik zu retten und ihm so endgültig die Freude am Tier, auch am angeblich schädlichen, zurückzugeben, einfach aus der Handlung verschwinden, um sich dann kurz vor dem Abspann wieder kurz ins Gedächtnis zu rufen. Unter diesem Aspekt ist S.O.S. – Ein spannender Sommer ein marginaler Etikettenschwindel: kleine Zuschauer, die ob des Plakats einen Film erwarten, der sich hauptsächlich um Noora und Selma dreht, könnten enttäuscht sein. Denn so unwiderstehlich Selma auch sein mag, den Löwenanteil nimmt der Drogenplot ein und ob dieser vom Zielpublikum goutiert wird, ist letztlich wohl Glückssache.

Zwei Dinge sollten noch erwähnt werden. Das Erstere ist eher technischer Natur. S.O.S. – Ein spannender Sommer wurde in Deutschland nicht für das Kino ausgewertet (was zu bedauern ist), sondern erschien im TV und auf DVD. Und auf eben jener DVD befindet sich nur die deutsche Synchronisation, die manchmal etwas seltsam klingt. Vor allem Noora hört sich mehr als einmal zu sehr nach Sprecherbox und weniger nach echtem Leben an. Ein Vergleich mit dem norwegischen Original, optional unterstützt durch Untertitel, kann nicht stattfinden, was in der heutigen Medienwelt eigentlich nicht mehr vorkommen sollte.
Das Zweitere ist ein Aspekt, der erst durch den Sommer 2011 auch in Norwegen an Bedeutung gewonnen haben dürfte. Denn Noora ist das Kind eines schwarzen Vaters und einer weißen Mutter. Dieser Umstand, dass Noora also nicht dem Klischeebild einer Norwegerin entspricht, wird aber nicht thematisiert. Es ist einfach so. Gelungener kann man Diversität kaum darstellen als mit der unaufgeregten Selbstverständlichkeit, die dieser Film in diesem Punkt an den Tag legt. Die Gesellschaft, die der Attentäter Breivik zerstören wollte, in S.O.S. – Ein spannender Sommer wird die gelebt und bedarf, wie fast jede Selbstverständlichkeit, keiner großen Worte oder Gesten. Genauso wenig wie dieser kleine, unterhaltsame Genrefilm für Kinder.




 


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