THE SHALLOWS – GEFAHR AUS DER TIEFE
(The
Shallows)
USA 2016
Dt.
Erstaufführung: 25.08.2016
Regie: Jaume
Collet-Serra
Die Welt wartet
auf so vieles. Der Weltfrieden ist ein beliebter Traum, das Besiegen von Hunger
und Armut weitere Kandidaten. Im filmischen Kontext wartet die Welt auch nach
dem Erscheinen von The Shallows noch
auf einen passablen Hai-Film. Das Subgenre des Tierhorrors (seinerseits eine
Unterabteilung des Horrorfilms), 1975 von Steven Spielberg und seinem massiv
überschätzten Der weiße Hai aus der Taufe
gehoben und inzwischen dank Sharknado
und Co. ihren Trashfaktor gar nicht mehr verbergend, ist keine Sache von
Subtilität. An sich keine schlimme Sache, würde nicht auch The Shallows aus einem durchaus furchterregenden, letztlich aber
recht unbescholtenen realen Tier eine fast unbesiegbar erscheinende
Killermaschine mit persönlicher Vendetta machen, ganz so, als hätten die
verlachten Fortsetzungen des Spielberg’schen Wasserschockers nie existiert. Und
ganz wie der kleine Felsen, auf den sich die Protagonistin hier vor dem Fisch
in Sicherheit bringt, ist dies nur die Spitze eines ganzen Fragenkatalogs, die
der als ernstzunehmender Thriller getarnte Quatsch an den Strand der
enttäuschten Filmhoffnungen spült.
Studentin Nancy
(Blake Lively) befindet sich nach dem Tod ihrer Mutter in einer Sinnkrise und
begibt sich nach Mexiko an den Strand, an dem diese einst zum letzten Mal
surfte, bevor sie Nancy zur Welt brachte. Dort genießt sie die Wellen, bis von
einem Weißen Hai angegriffen wird, der, angelockt durch einen Walkadaver,
seinen Weg in die abgelegene Bucht gefunden hat. Nancy kann sich auf einen
winzigen, nur bei Ebbe über dem Wasser liegenden Felsen retten, eine verletzte
Möwe als einzigen Kompanion. 180 Meter trennen sie vom Strand und der patrouillierende
Hai denkt gar nicht daran, die einfache Beute einfach davonkommen zu lassen …
The Shallows existiert in einem
Universum, in dem es keine periphere Wahrnehmung gibt. Menschen schauen an
toten Walen, schreienden Menschen und zerteilten Körpern vorbei, obwohl alles
in der überschaubaren Bucht schwimmt bzw. dort am Strand liegt. Das Konzept des
„suspension of disbelief“, also dem oft benötigten Willen des Publikums, auch
unwahrscheinliche Dinge im Dienste der guten Geschichte zu akzeptieren
beziehungsweise wohlwollend zu übersehen, wird hier derart überstrapaziert,
dass der von Actionroutinier Jaume Collet-Serra (Non-Stop) inszenierte Film oft unfreiwillig komisch wirkt – schon bevor
eine Boje sich gegen ihre Mechanik verhält und ein wildgewordener Hai alles
daran setzt, eine dünne Surferin fressen zu können, obwohl immer noch ein
nahrhafter Wal in der Bucht schwimmt.
Das könnte man
unter Trash-Gesichtspunkten ja durchaus amüsant finden, würde sich The Shallows nicht selbst auf geradezu
irritierende Art ernst nehmen. Collet-Serra und sein Drehbuchautor Anthony
Jaswinski (Die Herrschaft der Schatten)
wollen einerseits, das machten bereits die eher suggestiven Trailer klar, aus
der Asylum-Ecke des Haifilms und seinem immerwährenden Strom an Material für Die schlechtesten Filme aller Zeiten
heraus, bedienen dann aber aus einer seltsamen Haltung dem Publikum gegenüber („Die
wollen das bestimmt so!“) jede Menge Klischees – der Hai brennt, der Hai
riskiert für einen betrunkenen Happen, zu stranden, der Hai weiß, wo sich Nancy
aufhält und will sie unbedingt verspeisen. Das ist oft so frustrierend blöd,
dass man sich fragt, warum man die beständig nagende Stimme so konsequent
ignoriert, die fragt: „Was hätte Hitchcock getan?“
Die Prämisse hatte das
Potenzial, zu einem eher psychologischen Duell zwischen Mensch und Natur zu
werden, zu einem Szenario, in dem der Hai vielleicht nach seinem ersten Angriff
gar nicht hätte physisch anwesend sein müssen. So aber richtet sich The Shallows auf der einfachsten, der
massentauglichsten Ebene ein. Die hübsche Kinematographie (die allerdings
Lively etwas zu aufdringlich über den Körper streift) und das engagierte Spiel der
Hauptdarstellerin stehen so in einem Kontrast zu dem hanebüchenen Script.
Anstatt der (irrationalen) menschlichen Angst vor Haien eine gewinnbringende
Form zu geben, entscheidet sich auch dieser Film für den Weg der unwillkommenen
Verleumdung, die gar nicht versucht, dem tierischen Antagonisten irgendwie
gerecht zu werden – The Shallows ist
näher an Deep Blue Sea oder Shark Attack als an Der weiße Hai, der im direkten Vergleich bei allen Fehlern nur
gewinnen kann.
Schwimmen Sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen.
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