SAM HELL IST DER JÄGER
(Hell
comes to Frogtown)
USA 1988
Dt.
Erstaufführung: Mai 1988 (Videopremiere)
Regie: Donald G.
Jackson und R.J. Kizer
Diese Besprechung
ist Teil der Adventsaktion „Wünsch dir ein Review!“ und wurde von Filmschrott gewünscht.
Geht man davon
aus, dass das Medium Film zuerst für die Eröffnung anderer Welten da ist und
dem Zuschauer bisher unbekannte Einsichten vermitteln soll, dann sind einige
Genres dafür prädestinierter als andere. Sicher entführt auch ein
existenzialistisches Drama in eine Welt, die nicht jedem im Publikum gänzlich
geläufig ist, aber die phantastischen Genres, Science-Fiction, Fantasy und
Horror, sind da gemeinhin expliziter. Dafür sind sie denn auch eins: anfälliger
für Albernheiten. Nüchtern betrachtet sind auch die großen Namen ein einziges
Kuriositätenensemble, findet man keinen Zugang steht es um eine positive
Rezeptzion schlecht. Kann man keinen Mann, der mit einem anderen Mann in einem
2-Meter-Fellanzug umherzieht oder eine Gruppe künstlich perspektivisch
verschobener Gefährten mit Make-Up-Prothesen akzeptieren, die Genres können
schnell zu einer Lachnummer werden – zu Trash: Dämlich, aber vergnüglich. In
genau diese Kategorie fällt Sam Hell ist
Der Jäger, dereinst auf VHS auch unter dem Titel The Hunter – Ein erbarmungsloser Jäger vertrieben, eine wahnsinnige
Quasi-Parodie auf B-Filme mit all dem Charme, der zu solchen Produktionen
dazugehört.
Nach einem
Atomkrieg hat sich die Welt gewandelt: nuklearer Fallout hat Frösche zu
anthropomorphen Wesen mutieren lassen, die von den Menschen in die Wüste
verbannt wurden. Die allermeisten Männer sind unfruchtbar, was für den
Fortbestand der Art nicht gerade förderlich ist. Umso wertvoller wird der
Vagabund Sam Hell (Roddy Piper), als sich herausstellt, dass er noch genau dazu
imstand ist – und mit seiner 80er Matte auf dem Kopf ist er selbstredend der
attraktivste Mann in der ganzen Postapokalypse. Widerwillig lässt er sich mit
den Resten der Regierung ein, die ihn gern als „Zuchtvater“ einsetzen würden.
Zuvor aber wird er noch mit einer Mission betraut: eine Gruppe äußerst
fruchtbarer junger Frauen zu retten, die das Schicksal nach Frogtown, die
Enklave der Mutanten, verschlagen hat und die dort als Sexsklavinnen gehalten
werden.
Was soll man
sagen, was soll man schreiben? Sam Hell
ist genau so, wie es die Inhaltsbeschreibung vermuten lässt: ein hemmungsloser
Exploitationfilm, der Sex und Gewalt aber zugunsten eines schrägen, leicht
parodistischen Tons, im Zaum hält. Dementsprechend fallen viele Elemente nicht
so schwerwiegend auf, wie sie es bei einem „ernsten“ Film getan hätten. Kein
Wort über die Traumatisierung, von einer nicht-menschlichen Intelligenz zwecks
Sex gefangen gehalten zu werden, keine Auseinandersetzung damit, dass auch bei
den Menschen Vergewaltigung eine augenscheinlich von höchster Stelle genehmigte
Praxis ist, wenig Hintergrundwissen zur Geschichte der Menschen und
Froschmutanten (obwohl sich der Film mehr Gedanken darüber macht, als man
erwarten durfte – die Historie hängt also nicht völlig im luftleeren Raum). Es ist viel harter Tobak, der der
luftig-leichter Verpackung daherkommt. Davon mag man halten, was man will, aber
Sam Hell schafft es, sich selbst
immer wieder so ironisch zu brechen, dass der Film auf der Trash-Ebene durchaus
funktioniert. So mag sich die Prämisse um eine leicht krude Männerphantasie
herum entspinnen (Sex! Unmengen Sex! Aber natürlich nur zur Arterhaltung …),
Sam selbst wird aber oft als Zauderer gezeigt, der nicht bei jeder Gelegenheit
die Hose herunterlässt, während die Mitarbeiter einer weiblich dominierten
Regierung ihre Libido nicht immer im Zaum haben. Durch die Umkehrung zeigt der
Film recht vergnüglich die innewohnende Albernheit menschlicher
Sexualitätsanbahnung auf – auch zwischenmenschliches hat Trash-Potenzial.
Überhaupt versteht Sam Hell seine
Genre-Spielart genau. Es ist so abgedreht, was hier teilweise passiert, dass
man sich fragt, wie der Film überhaupt über den ersten Entwurf hinauskommen,
geschweige denn als komplettes Werk das Licht der Welt erblicken konnte. Auf
der anderen Seite zeigt er das nötige
Maß an Hingabe. Das Drehbuch versucht, den Wahnsinn zu erklären, die
Spezialeffekte sind einfach, aber mit sichtlicher Liebe gemacht und der
Showdown mit sage und schreibe zwei Autos in der Wüste hinter irgendeinem
Supermarkt ist so beeindruckend popelig, dass man auch hier eher schmunzelt als
sich betrogen vorkommt.
Negativ fällt in
erster Linie der dramaturgische Leerlauf auf, wenn der Film nicht so recht in
Fahrt kommen will und ganze Sequenzblöcke etwas unfokussiert umher mäandert. Sam Hell ist mit Liebe zum Subjekt, wohl
aber nicht so flott erzählt, wie man es sich wünschen würde. Insgesamt aber ist
diese Obskurität aus der Videotheken-Resterampe aber ein – zumindest für
Trashfreunde – interessantes Werk, dass trotz eines gewissen Hangs zur
Langatmigkeit einiges über die Hingabe erzählt, die das Medium Film seinen
Erschaffern abverlangt. Am Ende können halt große Dramen stehen – oder Filme
über sexgierige Froschmutanten, die gegen einen Wrestler mit beeindruckender
Matte kämpfen. Und das schönste: beides hat seine Berechtigung.
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