DISCONNECT
USA 2012
Dt. Erstaufführung: 30.01.2014
Regie: Henry Alex Rubin
Dt. Erstaufführung: 30.01.2014
Regie: Henry Alex Rubin
LehrerIn: Liebe Kinder, lasst uns über
das Internet reden. Das Internet ist ein wunderbarer Ort, um sich
auszutauschen, Wissen zu teilen, Kontakte zu pflegen und Menschen über den
gesamten Erdball miteinander zu verbinden. Doch das Internet hat auch
Schattenseiten. Dazu schauen wir uns nun den Film Disconnect an.
[Klasse schaut Disconnect: Der sensible Ben (Jonah
Bobo) wird über das Internet von einem Mädchen in seinem Alter angesprochen,
nicht ahnend, dass hinter dem Profil sein Schulkamerade Jason (Colin Ford) steckt,
der Ben nur aufs grausamste auflaufen lassen möchte. Unterdessen entdeckt das
Ehepaar Hull (Paula Patton & Alexander Skarsgard), dass man über das Netz
ihre Identität gestohlen hat und ihre Konten plündert. Die Journalistin Nina
Dunham (Andrea Riseborough) versucht derweil das Vertrauen des jungen Kyle (Max
Thieriot) zu gewinnen, der sich über Webcams prostituiert und über dessen
missliche Lage sie einen TV-Bericht realisieren möchte.]
LehrerIn: Und, wie hat euch der Film gefallen? Was denkt ihr darüber?
SchülerIn: Der Film war sehr schön fotografiert.
SchülerIn: Fand ich auch. Ein gekonnter Einsatz von Wackelkamera,
der wohl das unstete, das stets abgelenkt sein in der vollkommen medialen Welt
versinnbildlichen sollte.
SchülerIn: Auch wenn der Film das Stilmittel nicht durchhält.
LehrerIn: Wahrscheinlich wäre das auf Dauer zu anstrengend
geworden. Aber es hat ja offensichtlich als Einstieg gut funktioniert. Was
noch?
SchülerIn: Ich weiß schon, warum wir den im Unterricht geschaut
haben. Er war ja unglaublich didaktisch. So, als wäre er extra für den Gebrauch
in Schulen gedreht worden.
LehrerIn: Ist das schlecht?
SchülerIn: Nicht per se. Aber es hemmt doch etwas den reinen
cineastischen Spaß oder auch nur die ernsthafte Auseinandersetzung mit dem
Thema. Denn ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass von oben herab auf mich
eingeredet wird, als wäre der Film vor allem für Leute konzipiert, die mit dem
Internet eher wenige Berührungspunkte haben und deren Vorurteile, hervorgerufen
durch spektakuläre Nachrichten, bestätigt werden sollten.
SchülerIn: Ja, als würde der Film ständig die neutrale Technik für
die Handlungen von gefühlsbetonten Menschen verantwortlich machen.
LehrerIn: Aber ist es nicht auch so, dass der Film so auch die
Gräben illustriert, die bei, wie du sagtest, gefühlsbetonten Menschen
aufklaffen, wenn sie sich einer Technik bedienen, die wirklichen Kontakt
bestenfalls nur behauptet? Wenn das Internet zum Surrogat wird?
SchülerIn: Sicherlich kann man das auch so sehen. Aber dafür ist
mir Disconnect zu einseitig und auch
zu melodramatisch ausgefallen.
SchülerIn: Wobei es schon tolle Szenen gab.
SchülerIn: Ja, wo die beiden Jungs miteinander chatten und der
eine, trotz dass er sich hinter einer gefälschten Identität verbirgt und der
andere denkt, er spreche mit einem Mädchen, vollkommen frei und ehrlich seine
Gefühle äußern kann.
SchülerIn: Oder wenn das Mädchen so wütend über die gedankenlose
Ablenkung durch Social Media auf ihre Freundin ist, dass sie ihr ins Gesicht
spuckt. Das sind Momente, die für sich genommen echt klasse waren.
SchülerIn: Nicht zu vergessen der Vorwurf des jungen Mannes, die
Journalistin würde seine Elendssituation, die er gar nicht als solche
empfindet, nur ausnutzen.
LehrerIn: Meint ihr, Disconnect
wäre ein besserer Film geworden, wenn man sich mehr auf solche Begebenheiten
gestützt hätte?
SchülerIn: Auf jeden Fall! Vor allem die Episode mit dem Paar und
dem Identitätsklau war ziemlich schwach. Vor allem, weil die Auflösung ziemlich
nichtssagend war. Ihr Leben liegt quasi in Trümmern, aber es reicht, dass sie
wieder einen Schritt aufeinander zugegangen sind? Das ist kurzsichtig und
irgendwie manipulativ.
SchülerIn: Ich fand auch, dass die Geschichte mit dem gemobbten
Jungen die Beste des Films war. Auch wenn der Junge der typische Klischee-Emo
war, über den man sehr viel mehr von anderen erfährt als durch seine eigenen
Handlungen. Aber hier lag dennoch Zündstoff drin, schade, dass diese Handlung
ständig durch die anderen, weniger funktionierenden Episoden ausgebremst wurde.
SchülerIn: Disconnect
will doch unbedingt den mahnenden Finger erheben und uns sagen, dass das
Internet nicht nur schöne Seiten hat, oder? Warum hat man sich also nicht auf
die Geschichte konzentriert, die am potentesten ist? Identitätsdiebstahl und
Netz-Prostitution sind verdammt große Themen und sie wirken im Geflecht der
Episoden irgendwie unzureichend repräsentiert. Wohingegen der einsame Junge,
der Opfer eines grausamen Streiches wird – das bricht das Ganze doch auf eine
allgemein verständliche Ebene herunter.
SchülerIn: Vor allem hätte man doch auch noch mehr über medial
bedingte Entfremdung erzählen können, wenn man sich nur auf die Familie des
Jungen konzentriert hätte. Der Grundstein wurde ja schon durch die Szene am
Abendessenstisch gelegt, wo alle ihren eigenen technischen Fetischen frönen.
LehrerIn: Zusammenfassend kann man also sagen, ihr fandet eine der
Episoden von der Grundidee her gut und auch diverse Szenen und Nuancen, aber
insgesamt konnte euch der Film nicht überzeugen, weil er euch zu manipulativ
und didaktisch und damit einseitig war?
SchülerInnen: Ja. Das trifft es ganz gut. Trotz einiger toller
Momente will uns der Film etwas zu sehr vorschreiben, wie wir zu denken haben,
zumal er ja auch keinerlei Lösungen anbietet. Der unbedarfte Internetnutzer
wird nur verunsichert.
LehrerIn: Okay, danke für eure Beiträge. Im Religionsunterricht
schauen wir nächstes Mal übrigens Nicht
ohne meine Tochter.
[Kollektives Aufstöhnen]
Im Religionsunterricht würde ich "Dogma" zeigen. ;)
AntwortenLöschen