Dienstag, 1. Juli 2014

Disconnect (2012)




DISCONNECT
USA 2012
Dt. Erstaufführung: 30.01.2014
Regie: Henry Alex Rubin

LehrerIn: Liebe Kinder, lasst uns über das Internet reden. Das Internet ist ein wunderbarer Ort, um sich auszutauschen, Wissen zu teilen, Kontakte zu pflegen und Menschen über den gesamten Erdball miteinander zu verbinden. Doch das Internet hat auch Schattenseiten. Dazu schauen wir uns nun den Film Disconnect an.

[Klasse schaut Disconnect: Der sensible Ben (Jonah Bobo) wird über das Internet von einem Mädchen in seinem Alter angesprochen, nicht ahnend, dass hinter dem Profil sein Schulkamerade Jason (Colin Ford) steckt, der Ben nur aufs grausamste auflaufen lassen möchte. Unterdessen entdeckt das Ehepaar Hull (Paula Patton & Alexander Skarsgard), dass man über das Netz ihre Identität gestohlen hat und ihre Konten plündert. Die Journalistin Nina Dunham (Andrea Riseborough) versucht derweil das Vertrauen des jungen Kyle (Max Thieriot) zu gewinnen, der sich über Webcams prostituiert und über dessen missliche Lage sie einen TV-Bericht realisieren möchte.]

LehrerIn: Und, wie hat euch der Film gefallen? Was denkt ihr darüber?

SchülerIn: Der Film war sehr schön fotografiert.

SchülerIn: Fand ich auch. Ein gekonnter Einsatz von Wackelkamera, der wohl das unstete, das stets abgelenkt sein in der vollkommen medialen Welt versinnbildlichen sollte.

SchülerIn: Auch wenn der Film das Stilmittel nicht durchhält.

LehrerIn: Wahrscheinlich wäre das auf Dauer zu anstrengend geworden. Aber es hat ja offensichtlich als Einstieg gut funktioniert. Was noch?

SchülerIn: Ich weiß schon, warum wir den im Unterricht geschaut haben. Er war ja unglaublich didaktisch. So, als wäre er extra für den Gebrauch in Schulen gedreht worden.

LehrerIn: Ist das schlecht?

SchülerIn: Nicht per se. Aber es hemmt doch etwas den reinen cineastischen Spaß oder auch nur die ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema. Denn ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass von oben herab auf mich eingeredet wird, als wäre der Film vor allem für Leute konzipiert, die mit dem Internet eher wenige Berührungspunkte haben und deren Vorurteile, hervorgerufen durch spektakuläre Nachrichten, bestätigt werden sollten.

SchülerIn: Ja, als würde der Film ständig die neutrale Technik für die Handlungen von gefühlsbetonten Menschen verantwortlich machen.

LehrerIn: Aber ist es nicht auch so, dass der Film so auch die Gräben illustriert, die bei, wie du sagtest, gefühlsbetonten Menschen aufklaffen, wenn sie sich einer Technik bedienen, die wirklichen Kontakt bestenfalls nur behauptet? Wenn das Internet zum Surrogat wird?

SchülerIn: Sicherlich kann man das auch so sehen. Aber dafür ist mir Disconnect zu einseitig und auch zu melodramatisch ausgefallen.

SchülerIn: Wobei es schon tolle Szenen gab.

SchülerIn: Ja, wo die beiden Jungs miteinander chatten und der eine, trotz dass er sich hinter einer gefälschten Identität verbirgt und der andere denkt, er spreche mit einem Mädchen, vollkommen frei und ehrlich seine Gefühle äußern kann.

SchülerIn: Oder wenn das Mädchen so wütend über die gedankenlose Ablenkung durch Social Media auf ihre Freundin ist, dass sie ihr ins Gesicht spuckt. Das sind Momente, die für sich genommen echt klasse waren.

SchülerIn: Nicht zu vergessen der Vorwurf des jungen Mannes, die Journalistin würde seine Elendssituation, die er gar nicht als solche empfindet, nur ausnutzen.

LehrerIn: Meint ihr, Disconnect wäre ein besserer Film geworden, wenn man sich mehr auf solche Begebenheiten gestützt hätte?

SchülerIn: Auf jeden Fall! Vor allem die Episode mit dem Paar und dem Identitätsklau war ziemlich schwach. Vor allem, weil die Auflösung ziemlich nichtssagend war. Ihr Leben liegt quasi in Trümmern, aber es reicht, dass sie wieder einen Schritt aufeinander zugegangen sind? Das ist kurzsichtig und irgendwie manipulativ.

SchülerIn: Ich fand auch, dass die Geschichte mit dem gemobbten Jungen die Beste des Films war. Auch wenn der Junge der typische Klischee-Emo war, über den man sehr viel mehr von anderen erfährt als durch seine eigenen Handlungen. Aber hier lag dennoch Zündstoff drin, schade, dass diese Handlung ständig durch die anderen, weniger funktionierenden Episoden ausgebremst wurde.

SchülerIn: Disconnect will doch unbedingt den mahnenden Finger erheben und uns sagen, dass das Internet nicht nur schöne Seiten hat, oder? Warum hat man sich also nicht auf die Geschichte konzentriert, die am potentesten ist? Identitätsdiebstahl und Netz-Prostitution sind verdammt große Themen und sie wirken im Geflecht der Episoden irgendwie unzureichend repräsentiert. Wohingegen der einsame Junge, der Opfer eines grausamen Streiches wird – das bricht das Ganze doch auf eine allgemein verständliche Ebene herunter.

SchülerIn: Vor allem hätte man doch auch noch mehr über medial bedingte Entfremdung erzählen können, wenn man sich nur auf die Familie des Jungen konzentriert hätte. Der Grundstein wurde ja schon durch die Szene am Abendessenstisch gelegt, wo alle ihren eigenen technischen Fetischen frönen.

LehrerIn: Zusammenfassend kann man also sagen, ihr fandet eine der Episoden von der Grundidee her gut und auch diverse Szenen und Nuancen, aber insgesamt konnte euch der Film nicht überzeugen, weil er euch zu manipulativ und didaktisch und damit einseitig war?

SchülerInnen: Ja. Das trifft es ganz gut. Trotz einiger toller Momente will uns der Film etwas zu sehr vorschreiben, wie wir zu denken haben, zumal er ja auch keinerlei Lösungen anbietet. Der unbedarfte Internetnutzer wird nur verunsichert.

LehrerIn: Okay, danke für eure Beiträge. Im Religionsunterricht schauen wir nächstes Mal übrigens Nicht ohne meine Tochter.

[Kollektives Aufstöhnen]



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