BEFORE SUNRISE –
ZWISCHENSTOPP IN WIEN
(Before Sunrise)
USA/Österreich/Schweiz 1995
Dt. Erstaufführung: 30.03.1995
Regie: Richard Linklater
USA/Österreich/Schweiz 1995
Dt. Erstaufführung: 30.03.1995
Regie: Richard Linklater
Egal ob man an das Konzept der Liebe
auf den ersten Blick glaubt oder nicht, Richard Linklaters Before Sunrise dürfte so gut wie jeden zum Gläubigen machen.
Der Film ist fernab aller Sehgewohnheiten des Mainstream-Kinos, verlässt er sich doch ausschließlich auf seine Dialoge und die Chemie zwischen seinen beiden Hauptfiguren. Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – ist dies einer der schönsten Liebesfilme, die je gedreht wurden, trotz des überflüssigen deutschen Untertitels.
Der Film ist fernab aller Sehgewohnheiten des Mainstream-Kinos, verlässt er sich doch ausschließlich auf seine Dialoge und die Chemie zwischen seinen beiden Hauptfiguren. Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – ist dies einer der schönsten Liebesfilme, die je gedreht wurden, trotz des überflüssigen deutschen Untertitels.
Die Story ist schnell erzählt: der Amerikaner Jesse (Ethan
Hawke) und die Französin Celine (Julie Delpy), beide 23 Jahre jung, treffen sich
auf einer Zugfahrt gen Wien. Sie sind sich auf Anhieb sympathisch und
beschließen, im Bordrestaurant etwas zu essen und zu reden. Als der Zug viel zu
kurze Zeit später in Wien einfährt, fasst sich Jesse ein Herz und fragt Celine,
ob sie die nächsten Stunden mit ihm verbringen möchte, bis sein Flieger zurück
in die USA geht. Celine willigt ein und die beiden beginnen am späten
Nachmittag ihren Streifzug durch die Stadt. Sie treffen ein paar kuriose
Wiener, ansonsten reden sie über alles: über Liebe, den Tod, Banalitäten, die
großen Fragen des Lebens.
Mit einer kleinen Ausnahme über den Beginn des Gesprächs
über die ersten sexuellen Gefühle, das gefühlt etwas zu früh im Film auftaucht,
wirkt nichts an den Dialogen wie ein Script. Und auch der Ausrutscher entpuppt
sich als Aufhänger für ein weiteres Thema, dass faszinierend sprachlich
beleuchtet wird. So wird in einem Moment ein interessantes Konzept einer
Seelenspaltung der Menschheit entworfen, im nächsten wird der „Faschismus der
Medien“ angeprangert, ohne dass dies weiter verfolgt wird. Linklater beweist
hier ein unglaubliches Gespür für die Ideen- und Erfahrungswelt der Anfang
20jährigen. Im Selbstverständnis immer Revoluzzer, prallen die Gegensätze von
Konzepten und der Realität stetig aufeinander. Jesse und Celine sagen etwas,
nur um später das Gegenteil zu tun, manchmal weisen sie sich auf die
Ungereimtheiten hin, mal nicht.
Before Sunrise ist neben dem romantischen Aspekt auch ein kluger Film über eine Zeit im Leben, in der einem dämmert, dass die Welt nicht so läuft, wie man möchte, man sich aber dennoch manchmal geradezu verzweifelt an einen jugendlichen Idealismus klammert. Man kann dies im Hinblick auf die Entstehungszeit des Films als Portrait der Generation X lesen. Oder einfach als Zustandsbeschreibung einer von Umbrüchen geprägten Lebensphase, die jede Generation immer wieder neu durchstehen muss.
Before Sunrise ist neben dem romantischen Aspekt auch ein kluger Film über eine Zeit im Leben, in der einem dämmert, dass die Welt nicht so läuft, wie man möchte, man sich aber dennoch manchmal geradezu verzweifelt an einen jugendlichen Idealismus klammert. Man kann dies im Hinblick auf die Entstehungszeit des Films als Portrait der Generation X lesen. Oder einfach als Zustandsbeschreibung einer von Umbrüchen geprägten Lebensphase, die jede Generation immer wieder neu durchstehen muss.
Das offensichtliche Kernstück des Films ist natürlich die
Beziehung von Jesse und Celine, die zu den natürlichsten Darstellungen von
Verliebtheit zählt, die je auf Film gebannt wurden. Es gibt unzählige
wunderschöne Momente in Before Sunrise,
die sich letztlich zu einem großen Ganzen vereinigen. Die Beiden tauschen
verstohlene Blicke in einer Abhörkabine eines Plattenladens aus, besuchen den Friedhof der Namenlosen, küssen sich auf
einem Riesenrad, lassen sich von einem spleenigen Dichter an der Donau ein
Gedicht verfassen, spielen an einem Flipperautomat in einer rauchigen Bar. Sie
treffen ein paar Wiener Originale, bleiben aber stets ganz bei sich. Linklater
schafft es, die Aufregung des Kennenlernens, gepaart mit dem Gefühl, einen
Seelenverwandten getroffen zu haben, in jedem Frame einzufangen. Fast schon
müßig zu sagen, dass er es auch schafft, das Gefühl des Nicht-gehen-wollens
(vor allem natürlich beim unvermeidlichen Abschied am Bahnhof) mit wenigen
Gesten kongenial in Szene zu setzen. Und all das wäre ohne Hawke und Delpy
nicht möglich, die nicht nur ihre Twenty-Something-Charaktere sympathisch und
natürlich ausgestalten, sondern deren Leinwandchemie schon beinahe beängstigend
ist. Wenn es je Figuren gab, deren Liebe man glaubte, dann sind es Celine und
Jesse.
Before Sunrise hat
kaum Handlung im eigentlichen Sinne, es ist eine Art Collage, Stationen eines
Kennenlernens, eines Sich-Verliebens, atmosphärisch vollkommen auf den Punkt
gebracht und mit begnadeten Schauspielern und einem grandiosem Dialogbuch
gesegnet. Wer je verliebt war oder es noch ist, wird sich mit Sicherheit in
vielem wiederfinden, was Linklater, Delpy und Hawke präsentieren. Before Sunrise ist nicht nur so gut wie
allen romantic comedys auf dem Markt
überlegen (comedy gibt es ohnehin
weniger, die Betonung liegt mehr auf dem romantic-Aspekt),
er ist auch einer der schönsten Genrefilme, den man finden kann.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen