DELLAMORTE, DELLAMORE
Italien 1994
Dt.
Erstaufführung: 10.09.1999 (DVD-Premiere)
Regie: Michele
Soavi
Diese Besprechung
ist Teil der Adventsaktion „Wünsch dir ein Review!“ und wurde von Peter Schneider
von Mostly Movies gewünscht.
Der italienische
Horrorfilm, irgendwo zwischen genuinen Giallo, schamlosem Rip-Off und
Pseudo-Fortsetzung, ist immer für eine Überraschung gut. So ist Dellamorte, Dellamore beileibe nicht der
übliche 08/15-Zombiefilm, den man zunächst mit dem Genreoutput des europäischen
Landes assoziiert. Gestaltungstechnisch bekommt der Zuschauer hier einiges
geboten, der Film ist visuell und in diversen Details sehr einfallsreich und
mit sichtlichem Elan inszeniert. Leider ist er zudem wirr und setzt mit
fortschreitender Laufzeit immer mehr auf in der Luft hängende Grotesken, so dass
er nicht imstande ist, das Interesse wach zu halten. Kurz gesagt: Dellamorte, Dellamore entwickelt sich
dank seines wenig kohärenten Drehbuchs (was ja nicht einmal eine unabdingbare
Voraussetzung für einen Film ist) zu einem ziemlichen Langweiler. Und das ist
gerade im Hinblick auf den Willen zum Spiel mit Versatzstücken wirklich zu
bedauern.
Franceso
Dellamorte (Rupert Everett) ist Totengräber und Friedhofswärter in einer
kleinen italienischen Gemeinde, in der die Toten sieben Tage nach ihrem Ableben
wieder auferstehen. Manche sind hirnlose Zombies, andere können sprechen und
denken und sich an ihr vorheriges Leben erinnern – notfalls auch ohne Körper.
Seine Aufgabe sieht Francesco darin, sie endgültig ins Jenseits zu befördern,
unterstützt wird er dabei von seinem tumben Gehilfen Gnaghi (François
Hadji-Lazaro). Als Francesco sich in eine trauernde Witwe (Anna Falchi) verliebt
und sie beim Sex mit ihm auf dem Friedhof von einem Zombie angenagt wird,
verfällt der Totengräber zusehends in eine Sinnkrise, die ihn nach und nach
immer weiter aus der Realität entfernt und ihn Pläne schmieden lässt, seine
Tätigkeit als Untotenkiller an den Nagel zu hängen …
Jenseits
jeglicher Billigproduktion wartet Dellamorte,
Dellamore mit ergebenen Darstellern und sehr gute Effekten auf (besonders
ansehnlich ist eine Vision des Todes geraten, die zu Francesco spricht). Für
den durchschnittlichen Genrefan gibt es einiges an Gewalt und freizügigen Sex,
angereichert ist alles mit einem galligen Humor, der vor allem im ersten
Drittel des Films hervorragend funktioniert. Je weiter sich der Film allerdings
von einer zusammenhängenden Erzählung entfernt und zusehends nur noch
traumartige Sequenzen aneinanderhängt, umso uninteressanter wird das Ganze.
Irgendwann ist der Film nur noch eine Entschuldigung für blutige Effekte. Ich
kannte mal einen Menschen, für den das einzige Qualitätsurteil die Anzahl der
Toten in einem Film war und ob sie möglichst graphisch zu Tode kommen. Je
länger Dellamorte, Dellamore läuft,
desto mehr wird er zu einem Film, der diesem „Cineasten“ gefallen hätte – egal,
ob das Ganze dramaturgisch notwendig ist oder nicht.
Dellamorte, Dellamore ist ein seltsamer
Versuch, dass Zombiegenre mit einer Art Fantasy-Arthouse zu kreuzen. Die
zusehends traumartige Gestaltung und Verhaltensweise der Figuren haben zwar
einen ganz eigenen Charme, aber die vielen Elemente kommen nie ganz zusammen.
Was als Offbeat-Charmeur beginnt verheddert sich in weitestgehend langweilige
Eskapaden, was auch an dem recht unsympathischen Hauptcharakter liegt.
Schwerlich lassen sich für Francesco so etwas wie echte Gefühle entwickeln,
selbst eine schicksalshafte Enthüllung wird ziemlich emotionsfrei gehandhabt.
Der Film vertraut so sehr auf seinen schwarzen Humor und seine morbiden
Effekte, dass er das menschliche Element darüber hinaus weitestgehend vergisst.
Es bleibt dabei: so sehr man Dellamorte,
Dellamore mögen möchte, eben weil er die ausgetretenen Pfade verlässt und
vor allem mit einem Ende gesegnet ist, dass in einem Film mit sicherer tonaler
Gestaltung ein echter Knaller gewesen wäre, siegt doch die Gestaltung so sehr
über den Inhalt, dass man ihn eher respektiert als aktiv mag. Technisch ist an Dellamorte, Dellamore nicht auszusetzen.
Wenn das Drehbuch seinen Pfiff der ersten – sagen wir – dreißig Minuten
durchgehend hätte bewahren können, der Status als Kultfilm wäre auch jenseits
des Versuchs, mit dem Zombiemotiv etwas anderes anzufangen, gerechtfertigt
gewesen. Und wer eine Genrefilm zum analysieren sucht (Dellamorte, Dellamore scheint genug Anhaltspunkte zu bieten, um ihn
beispielsweise als Kommentar zum italienischen Faschismus zu lesen), der ist
mit Produktionen wie Pontypool besser
bedient.
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