SUE, DINOSAURIER NR. 13
(Dinosaur
13)
USA 2014
Dt.
Erstaufführung: 12.09.2015 (TV-Premiere)
Regie: Todd
Douglas Miller
Wer Anfang der
1990er Jahre die prominent im ZDF ausgestrahlte Serie Dinosaurier gesehen hat und sich im Zuge der aufbauenden Dino-Manie
dank Jurassic Park dem Hype ohnehin
nicht entziehen konnte, der wird sicherlich bereits etwas über den
Tyrannosaurus Rex namens Sue gehört haben. Das bis dato dreizehnte Skelett
dieser berühmten Dinosaurierart war auch das am Besten konservierteste. Knapp
80% der Knochen waren erhalten geblieben, unter anderem auch der komplette
Schädel. „Sue“ wurde schnell ein feststehender Begriff. Doch danach wurde es,
zumindest in Europa, informationstechnisch ruhiger um den Fund, zumindest in
der auflagenstarken Presse spielte sie keine Rolle mehr. Der Film Sue, Dinosaurier Nr. 13, der in
Deutschland stillschweigend zum ersten Mal auf dem seinem Ruf immer wieder
gerecht werdenden Kultursender arte ausgestrahlt wurde, bringt über ein
Jahrzehnt nach dem Ende der Knochenodyssee dem interessierten Zuschauer die
komplette Geschichte näher. Denn Sues Entdeckung war erst der Beginn.
Sue, Dinosaurier Nr. 13 beginnt wie ein
dokumentarischer Kurzfilm, erzählt von den Mitgliedern eines Betriebes in South
Dakota unter der Führung der Gebrüder Larson, die Fossilien sammeln und ggf. weiterverkaufen,
aber dennoch vom Fach sind und auch einen wissenschaftlichen Anspruch verfolgen
– und von der Hobby-Paläontologin Susan Hendricksen, die eines Tages den nach
ihr benannten Dinosaurier auf dem Land des amerikanischen Ureinwohners Maurice
Williams entdeckt. In ansteckend-begeisterten Ton präsentiert der Film die
Fakten, vermittelt dank Originalvideoaufnahmen von der Fundstelle einen
Eindruck von den beginnenden Konservierungsarbeiten und wie die Forscher den
bis dato unerreichten Betrag von 5.000 Dollar an Williams zahlen, um Sue in ihr
Institut überführen zu dürfen. Soweit, so gut. Bis dahin hält sich der Film an
den begeisterten Duktus, den Dinosaurier in jenen Tagen schlicht hervorriefen,
nach einer Schwarzblende beginnt jedoch die eigentliche Geschichte. Denn
nachdem Sue zwei Jahre von den Gebrüdern Larson und ihren Mitarbeitern
untersucht und präpariert und auf ihre Ausstellung in einem geplanten lokalen
Museum vorbereitet wurde, beschlagnahmt das FBI alle Knochen und befördert sie
in eine Asservatenkamera. Was folgt ist ein juristisches Tauziehen, das einen
für Europäer schrägen Blick auf das amerikanische System der Landverwaltung
wirft, sobald Ureinwohner involviert sind. Denn Verkäufe von allem, was aus dem
von den USA treuhändlerisch verwalten Grund und Boden der Native Americans stammt, sind ohne ausdrückliche Genehmigung
verboten. Sue, Dinosaurier Nr. 13
erzählt nüchtern und ohne anklagenden Finger die Ereignisse, klärt über die
mitunter kruden Bestimmungen im Rechtssystem auf und zeigt deutlich, dass
mitunter hanebüchene und reformbedürftige Gesetze eine wissenschaftliche
Sensation in Gefahr bringen können.
So wandelt sich
der Film von einer Dinosaurier-Dokumentation zu einem Justizthriller mitsamt
Showdown, wenn Sue bei Sotheby’s unter den Hammer kommt. Die ganze wahnwitzige
Bandbreite dieser Entscheidung wird gewahr, wenn man sich vorstellt, das
Skelett wäre schlussendlich bei einem privaten Sammler mit dem nötigen
Kleingeld gelandet, der Sue vor dem Zugriff der Wissenschaft und der interessierten
Öffentlichkeit hätte abschotten können. Die paläontologische Sensation gerät
dabei etwas ins Hintertreffen (so wird im Film beispielsweise Sues Beitrag zur
Forschung zwar erwähnt, aber nicht konkretisiert. Zumindest mit nichts, was
über die seltene Vollständigkeit des Skeletts hinaus geht), spannend und
erstaunlich bleibt der Film, auch dank der vielen Originalaufnahmen, dennoch.
Es ist einer dieser Dokumentarfilme, bei dem selbst Fans der Materie noch etwas
dazulernen können. Experimentell ist nichts daran, es gibt die talking heads vor passenden Kulissen,
eine chronologische Dramaturgie, keine Effekthascherei. Sue, Dinosaurier Nr. 13 ist ein gradliniger, beinahe altmodischer
Dokumentarfilm, der die nötige Distanz wahrt, aber immer noch involviert genug
ist, um nicht in Beliebigkeit zu versinken. Und es ist, bei aller Fan-Liebe,
die man für Jurassic World empfinden
mag, der interessantere Dinosaurierfilm des Jahres 2015.
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