Sonntag, 27. September 2015

Sue, Dinosaurier Nr. 13 (2014)




SUE, DINOSAURIER NR. 13
(Dinosaur 13)
USA 2014
Dt. Erstaufführung: 12.09.2015 (TV-Premiere)
Regie: Todd Douglas Miller

Wer Anfang der 1990er Jahre die prominent im ZDF ausgestrahlte Serie Dinosaurier gesehen hat und sich im Zuge der aufbauenden Dino-Manie dank Jurassic Park dem Hype ohnehin nicht entziehen konnte, der wird sicherlich bereits etwas über den Tyrannosaurus Rex namens Sue gehört haben. Das bis dato dreizehnte Skelett dieser berühmten Dinosaurierart war auch das am Besten konservierteste. Knapp 80% der Knochen waren erhalten geblieben, unter anderem auch der komplette Schädel. „Sue“ wurde schnell ein feststehender Begriff. Doch danach wurde es, zumindest in Europa, informationstechnisch ruhiger um den Fund, zumindest in der auflagenstarken Presse spielte sie keine Rolle mehr. Der Film Sue, Dinosaurier Nr. 13, der in Deutschland stillschweigend zum ersten Mal auf dem seinem Ruf immer wieder gerecht werdenden Kultursender arte ausgestrahlt wurde, bringt über ein Jahrzehnt nach dem Ende der Knochenodyssee dem interessierten Zuschauer die komplette Geschichte näher. Denn Sues Entdeckung war erst der Beginn.

Sue, Dinosaurier Nr. 13 beginnt wie ein dokumentarischer Kurzfilm, erzählt von den Mitgliedern eines Betriebes in South Dakota unter der Führung der Gebrüder Larson, die Fossilien sammeln und ggf. weiterverkaufen, aber dennoch vom Fach sind und auch einen wissenschaftlichen Anspruch verfolgen – und von der Hobby-Paläontologin Susan Hendricksen, die eines Tages den nach ihr benannten Dinosaurier auf dem Land des amerikanischen Ureinwohners Maurice Williams entdeckt. In ansteckend-begeisterten Ton präsentiert der Film die Fakten, vermittelt dank Originalvideoaufnahmen von der Fundstelle einen Eindruck von den beginnenden Konservierungsarbeiten und wie die Forscher den bis dato unerreichten Betrag von 5.000 Dollar an Williams zahlen, um Sue in ihr Institut überführen zu dürfen. Soweit, so gut. Bis dahin hält sich der Film an den begeisterten Duktus, den Dinosaurier in jenen Tagen schlicht hervorriefen, nach einer Schwarzblende beginnt jedoch die eigentliche Geschichte. Denn nachdem Sue zwei Jahre von den Gebrüdern Larson und ihren Mitarbeitern untersucht und präpariert und auf ihre Ausstellung in einem geplanten lokalen Museum vorbereitet wurde, beschlagnahmt das FBI alle Knochen und befördert sie in eine Asservatenkamera. Was folgt ist ein juristisches Tauziehen, das einen für Europäer schrägen Blick auf das amerikanische System der Landverwaltung wirft, sobald Ureinwohner involviert sind. Denn Verkäufe von allem, was aus dem von den USA treuhändlerisch verwalten Grund und Boden der Native Americans stammt, sind ohne ausdrückliche Genehmigung verboten. Sue, Dinosaurier Nr. 13 erzählt nüchtern und ohne anklagenden Finger die Ereignisse, klärt über die mitunter kruden Bestimmungen im Rechtssystem auf und zeigt deutlich, dass mitunter hanebüchene und reformbedürftige Gesetze eine wissenschaftliche Sensation in Gefahr bringen können.

So wandelt sich der Film von einer Dinosaurier-Dokumentation zu einem Justizthriller mitsamt Showdown, wenn Sue bei Sotheby’s unter den Hammer kommt. Die ganze wahnwitzige Bandbreite dieser Entscheidung wird gewahr, wenn man sich vorstellt, das Skelett wäre schlussendlich bei einem privaten Sammler mit dem nötigen Kleingeld gelandet, der Sue vor dem Zugriff der Wissenschaft und der interessierten Öffentlichkeit hätte abschotten können. Die paläontologische Sensation gerät dabei etwas ins Hintertreffen (so wird im Film beispielsweise Sues Beitrag zur Forschung zwar erwähnt, aber nicht konkretisiert. Zumindest mit nichts, was über die seltene Vollständigkeit des Skeletts hinaus geht), spannend und erstaunlich bleibt der Film, auch dank der vielen Originalaufnahmen, dennoch. Es ist einer dieser Dokumentarfilme, bei dem selbst Fans der Materie noch etwas dazulernen können. Experimentell ist nichts daran, es gibt die talking heads vor passenden Kulissen, eine chronologische Dramaturgie, keine Effekthascherei. Sue, Dinosaurier Nr. 13 ist ein gradliniger, beinahe altmodischer Dokumentarfilm, der die nötige Distanz wahrt, aber immer noch involviert genug ist, um nicht in Beliebigkeit zu versinken. Und es ist, bei aller Fan-Liebe, die man für Jurassic World empfinden mag, der interessantere Dinosaurierfilm des Jahres 2015.




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