Sonntag, 29. November 2015

Sam Hell ist Der Jäger (1988)




SAM HELL IST DER JÄGER
(Hell comes to Frogtown)
USA 1988
Dt. Erstaufführung: Mai 1988 (Videopremiere)
Regie: Donald G. Jackson und R.J. Kizer

Diese Besprechung ist Teil der Adventsaktion „Wünsch dir ein Review!“ und wurde von Filmschrott gewünscht.

Geht man davon aus, dass das Medium Film zuerst für die Eröffnung anderer Welten da ist und dem Zuschauer bisher unbekannte Einsichten vermitteln soll, dann sind einige Genres dafür prädestinierter als andere. Sicher entführt auch ein existenzialistisches Drama in eine Welt, die nicht jedem im Publikum gänzlich geläufig ist, aber die phantastischen Genres, Science-Fiction, Fantasy und Horror, sind da gemeinhin expliziter. Dafür sind sie denn auch eins: anfälliger für Albernheiten. Nüchtern betrachtet sind auch die großen Namen ein einziges Kuriositätenensemble, findet man keinen Zugang steht es um eine positive Rezeptzion schlecht. Kann man keinen Mann, der mit einem anderen Mann in einem 2-Meter-Fellanzug umherzieht oder eine Gruppe künstlich perspektivisch verschobener Gefährten mit Make-Up-Prothesen akzeptieren, die Genres können schnell zu einer Lachnummer werden – zu Trash: Dämlich, aber vergnüglich. In genau diese Kategorie fällt Sam Hell ist Der Jäger, dereinst auf VHS auch unter dem Titel The Hunter – Ein erbarmungsloser Jäger vertrieben, eine wahnsinnige Quasi-Parodie auf B-Filme mit all dem Charme, der zu solchen Produktionen dazugehört.

Nach einem Atomkrieg hat sich die Welt gewandelt: nuklearer Fallout hat Frösche zu anthropomorphen Wesen mutieren lassen, die von den Menschen in die Wüste verbannt wurden. Die allermeisten Männer sind unfruchtbar, was für den Fortbestand der Art nicht gerade förderlich ist. Umso wertvoller wird der Vagabund Sam Hell (Roddy Piper), als sich herausstellt, dass er noch genau dazu imstand ist – und mit seiner 80er Matte auf dem Kopf ist er selbstredend der attraktivste Mann in der ganzen Postapokalypse. Widerwillig lässt er sich mit den Resten der Regierung ein, die ihn gern als „Zuchtvater“ einsetzen würden. Zuvor aber wird er noch mit einer Mission betraut: eine Gruppe äußerst fruchtbarer junger Frauen zu retten, die das Schicksal nach Frogtown, die Enklave der Mutanten, verschlagen hat und die dort als Sexsklavinnen gehalten werden.

Was soll man sagen, was soll man schreiben? Sam Hell ist genau so, wie es die Inhaltsbeschreibung vermuten lässt: ein hemmungsloser Exploitationfilm, der Sex und Gewalt aber zugunsten eines schrägen, leicht parodistischen Tons, im Zaum hält. Dementsprechend fallen viele Elemente nicht so schwerwiegend auf, wie sie es bei einem „ernsten“ Film getan hätten. Kein Wort über die Traumatisierung, von einer nicht-menschlichen Intelligenz zwecks Sex gefangen gehalten zu werden, keine Auseinandersetzung damit, dass auch bei den Menschen Vergewaltigung eine augenscheinlich von höchster Stelle genehmigte Praxis ist, wenig Hintergrundwissen zur Geschichte der Menschen und Froschmutanten (obwohl sich der Film mehr Gedanken darüber macht, als man erwarten durfte – die Historie hängt also nicht völlig im luftleeren  Raum). Es ist viel harter Tobak, der der luftig-leichter Verpackung daherkommt. Davon mag man halten, was man will, aber Sam Hell schafft es, sich selbst immer wieder so ironisch zu brechen, dass der Film auf der Trash-Ebene durchaus funktioniert. So mag sich die Prämisse um eine leicht krude Männerphantasie herum entspinnen (Sex! Unmengen Sex! Aber natürlich nur zur Arterhaltung …), Sam selbst wird aber oft als Zauderer gezeigt, der nicht bei jeder Gelegenheit die Hose herunterlässt, während die Mitarbeiter einer weiblich dominierten Regierung ihre Libido nicht immer im Zaum haben. Durch die Umkehrung zeigt der Film recht vergnüglich die innewohnende Albernheit menschlicher Sexualitätsanbahnung auf – auch zwischenmenschliches hat Trash-Potenzial. Überhaupt versteht Sam Hell seine Genre-Spielart genau. Es ist so abgedreht, was hier teilweise passiert, dass man sich fragt, wie der Film überhaupt über den ersten Entwurf hinauskommen, geschweige denn als komplettes Werk das Licht der Welt erblicken konnte. Auf der anderen Seite  zeigt er das nötige Maß an Hingabe. Das Drehbuch versucht, den Wahnsinn zu erklären, die Spezialeffekte sind einfach, aber mit sichtlicher Liebe gemacht und der Showdown mit sage und schreibe zwei Autos in der Wüste hinter irgendeinem Supermarkt ist so beeindruckend popelig, dass man auch hier eher schmunzelt als sich betrogen vorkommt.

Negativ fällt in erster Linie der dramaturgische Leerlauf auf, wenn der Film nicht so recht in Fahrt kommen will und ganze Sequenzblöcke etwas unfokussiert umher mäandert. Sam Hell ist mit Liebe zum Subjekt, wohl aber nicht so flott erzählt, wie man es sich wünschen würde. Insgesamt aber ist diese Obskurität aus der Videotheken-Resterampe aber ein – zumindest für Trashfreunde – interessantes Werk, dass trotz eines gewissen Hangs zur Langatmigkeit einiges über die Hingabe erzählt, die das Medium Film seinen Erschaffern abverlangt. Am Ende können halt große Dramen stehen – oder Filme über sexgierige Froschmutanten, die gegen einen Wrestler mit beeindruckender Matte kämpfen. Und das schönste: beides hat seine Berechtigung. 





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