Montag, 21. Juli 2014

Otto's Eleven (2010)




OTTO’S ELEVEN
Deutschland 2010
Dt. Erstaufführung: 02.12.2010
Regie: Sven Unterwaldt

Der Titel ließ es schon befürchten: Otto Waalkes wird nicht mehr die Fähigkeit zugetraut, einen Film zu tragen. Diese Erkenntnis ist nicht neu, schon bei der Initiierung des 7 Zwerge-Projektes hatte man das Gefühl, nach Otto – Der Katastrofenfilm sei seine Zeit als Alleinunterhalter abgelaufen. Also stellte man ihm in Männer allein im Wald und Der Wald ist nicht genug allerlei Kollegen zur Seite, Waalkes selbst übte sich in erstaunlich dezenter Zurückhaltung. Otto’s Eleven arbeitet nach einem ähnlichen Prinzip, der „ostfriesische Götterbote“ ist nicht mehr allein für das Füllen der 95 Minuten Laufzeit zuständig, sondern wird von einem illustren Cast Comedians und Schauspieler unterschiedlicher Couleur umringt, alles unter der Regie-Fuchtel von Sven Unterwaldt. Die nächste große Katastrophe schien so vorprogrammiert zu sein, doch man kann zumindest ein klein wenig Entwarnung geben: Otto’s Eleven ist besser als der vorangegangene Der Wald ist nicht genug. Was heißt das schon, kann man nun fragen, schließlich war jener einer der schlechtesten Mainstreamfilme, die jemals in Deutschland produziert wurde, ein intellektuelles wie künstlerisches Vakuum, dass jede Lebens- und Sehfreude gnadenlos zerstörte. So stellt sich eher die Frage, inwiefern es Waalkes schafft, an frühere Erfolge anzuknüpfen. Die Hoffnung auf einen zweiten Otto – Der Film sollte aber gar nicht erst gehegt werden.

Auf dem idyllischen Spiegeleiland leben die Freunde Otto (Waalkes), Mike (Mirco Nontschew), Pit (Rick Kavanian), Oskar (Max Giermann) und Oskar (Arnd Schimkat) mehr schlecht als recht vom Tourismus. Keiner interessiert sich für Ottos „Kunst“, Pits kulinarische Kreationen oder Mikes Fitnessprogramm. Ein Imagefilm im Internet soll Abhilfe schaffen, ruft aber nur den arroganten Jean De Merzac (Sky Du Mont) auf den Plan, der in Ottos Atelier an der Wand ein seltenes Gemälde entdeckt, dass er seiner Sammlung gern hinzufügen möchte. Also reist er mit seiner Assistentin Rossdal (Stephanie Berger) nach Spiegeleiland und ergaunert sich das Bild, an dem Otto aus sentimentalen Gründen besonders hängt. Als er den Diebstahl bemerkt, ist er so am Boden zerstört, dass seine Freunde einen Entschluss fassen: De Merzac hinterher reisen und das Gemälde aus seinem Casino in Bad Reibach „zurückstehlen“. Dies erweist sich allerdings als leichter gesagt als getan…

Unter den gegebenen Umständen ist es schon mehr oder minder erstaunlich, dass Otto’s Eleven kein kompletter Reinfall ist. Sicherlich, der Film ist weit von einer guten Komödie entfernt, die Gags sind wie die Geschichte vollkommen belanglos und das Ganze geht ohne Ecken und Kanten vonstatten, aber dem Film wohnt auch ehrliche Unschuld inne. Während die 7 Zwerge-Filme aktiv an der Zurückbildung des Zuschauers auf Amöben-Stadium arbeiteten, nimmt man Otto’s Eleven seinen Anliegen, einfach nur harmlos unterhalten zu wollen, mehr ab. Dies entschuldigt nicht seine generelle Einfallslosigkeit und sein genügsames Wesen, aber es entfacht auch nicht solch Reaktionen wie jene, die auftreten, wenn Gehirne pulverisiert werden. Hier ist man eher frustriert davon, den Darstellern und dem Regisseur beim verzweifelten Wassertreten zuzusehen, in der Hoffnung, den Film unterhaltungstechnisch über Wasser halten zu können.

Diesmal fällt Otto in einer ungewohnten Rolle auf: als Ruhepol. Der hektische, infantile Blödler von einst bricht nur noch verhältnismäßig selten durch, Waalkes wirkt eher wie ein über alles geliebter Großvater in der Runde seiner Enkelkinder. Man spürt den Respekt, der ihm entgegengebracht wird, ihm, der Komikern wie Mirco Nontschew den Weg geebnet hat und dessen Parodien Vorläufer für die Verwandlungskunst von Max Giermann waren. Sie alle gruppieren sich um den Ostfriesen mit dem immer weiter zurückweichenden Haaransatz und wissen, dass sie ohne ihn womöglich nicht hier wären. So lehnt sich Otto selbst zurück, versucht sich ein bisschen im „glaubwürdigeren“ Schauspielern und darf mit Olli Dittrich in einer perfekt getimten „Spiegelszene“ brillieren. Dittrich spielt den Reporter Harry Hirsch, eine von Ottos Alter-Egos, und wenn Waalkes‘ altbekannte Interpretation des Charakters bei seinen Mitstreitern nur für Achselzucken sorgt, kommt man nicht umhin, auch darin einen milden Verweis auf sein Alter zu sehen. Die Jungen machen es halt anders und auch Otto wird alt. Den Vorwurf, aus der Zeit gefallen zu sein, nimmt Otto’s Eleven überraschend selbstironisch auf und verarbeitet ihn. Wenn drei schöne junge Frauen als Ablenkungsmanöver mit Perücke, Käppi und schlabbrigen Klamotten in Otto-Manier umherhüpfen, dann münzt er die Kritik auch in ein selbstbewussteste Statement um: Schaut her, Otto ist schon längt Teil der Popkultur, da kann kommen, was will.

So ist der Umgang des Films mit seiner titelgebenden Ikone interessanter als sein eigentlicher Inhalt, der vor allem viel TV-Mummenschanz bietet. Max Giermann erhält, mehr noch als die anderen Darsteller, Gelegenheit seine durch die TV-Show Switch Reloaded bekannt gewordenen Parodien ans Publikum zu bringen und als Stefan Raab und Sky Du Mont aufzutreten. Während die Raab-Satire, die hier von alten Damen als Einschlafhilfe genutzt wird, ihren Reiz hat, ist die Du Mont-Interpretation weniger erfolgreich. Mirco Nontschew trägt derweil einen einzigen Gag auf seinem Shirt im wahrsten Sinne ständig vor sich her („Muscle Toff“ ist darauf zu lesen), während Rick Kavanian und Arnd Schimkat (Wer früher stirbt ist länger tot) mitunter vollkommen im Hintergrund verschwinden. Sky Du Mont ist der gängige Otto-Film-Fiesling, während Stephanie Berger (Sweetiecakes) augenscheinlich sehr viel Freude an der Rolle der hinterhältigen Assistentin hatte. Als weibliche Unterstützung für die Truppe männlicher Archetypen empfehlen sich Sara Nuru, ihres Zeichens Gewinnerin bei Germany’s Next Topmodel, Jennifer Weller und Jasmin Schwiers.

Otto’s Eleven hat einen durchaus melancholischen Touch, der zu gleichen Teilen aus dem ständig scheiternden Versuch der Protagonisten, mehr aus dem Material zu machen als es hergibt, gespeist wird wie aus seiner Behandlung von Waalkes selbst. Man kommt schlicht nicht umhin, hier auch eine subtile Staffelübergabe zu erkennen, vor allem, wenn Otto am Ende als einziger ohne Partnerin dasteht, war er doch sonst am Ende eines jeden Films immer verliebt und glücklich.
Und hier zeigt sich urplötzlich noch ein weiteres interessantes Element: zu den drei heterosexuellen Pärchen, die sich bilden, kommt ein homosexuelles, ohne das die Ausrichtung der Figuren vorher oder nachher für tumbe Scherze herhalten musste. Natürlich muss der Moment der „Wahrheit“ als humoristisch gedachte Überraschung gewertet werden, aber der Film spart sich dumme Witze vollkommen.
Dies ist wahrlich nicht mehr die klar definierte Welt, aus der der „Blödelbarde“ kam und vielleicht ist es wirklich an der Zeit, loszulassen. Drunt im Tal wird aber immer ein Ottili sitzen.



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